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AUF1: Volkstreue Apokalyptik, nun auch über Kabel

Neues von ganz rechts - Februar 2022

 

Stolz berichtete der Online-"Fernsehsender" AUF1 am 18. Februar, dass sein Programm – konkret: eine abendliche Nachrichtensendung – seit Kurzem auch über Kabelfernsehen empfangbar sei, nämlich über den (staatlich geförderten) oberösterreichischen Regionalsender RTV. Schon im Dezember hatte man verlautbart, dass das Programm von AUF1 an "immer mehr öffentlichen Stellen" verfolgbar sei, etwa in Supermärkten, Restaurants und auf "digitalen Plakatwänden".

 

Das Medium war im Vorjahr aus der Coronaprotestbewegung hervorgegangen: im März 2021 kündigte der ehemalige Kader des neonazistischen Bundes freier Jugend (BfJ) an, mit einem neuen "Informationsprojekt" einen Beitrag zur Professionalisierung der Bewegung und ihrer Propaganda leisten zu wollen. Ende Mai ging die Website, auf der täglich neue Videos im TV-Sendungsformat erscheinen, in Betrieb, flankiert von diversen Social-Media-Auftritten. Nach eigenen Angaben finanziert man sich maßgeblich über Spenden, auch auf den eigenen Shop und befreundete Anbieter wird immer wieder verwiesen. U. a. werden dort Gegenstände für den Umgang mit eben jenen tatsächlichen oder vermeintlichen Gefahren feilgeboten, die von AUF1 zuvor hochgeschrieben wurden.

 

Stefan Magnet selbst lässt als Chefredakteur des Mediums immer wieder Anklänge an seine BfJ-Zeit erkennen – wenn er etwa gegen "Schuldknechtschaft" (8. Februar 2022) oder gegen "Karrieristen und Parasiten" agitiert (3. Juni 2021; die Mutterorganisation des BfJ, die Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik/AfP, hatte stets "Bonzen und Parasiten" im Visier) oder ausführt, warum Deutsche sich nach Wien gezogen fühlten: sie folgten dabei einem "inneren Ruf", der wiederum "historische, genealogische, kollektive, morphogenetisch-energetische Gründe" habe (16. November 2021). Im AUF1-Team befinden sich u.a. auch Magnets langjährige Wegbegleiterin Elsa Mittmannsgruber (bis Ende Jänner selbst Chefredakteurin beim Wochenblick) und Manuel Mittas, der einer interessierten Öffentlichkeit als freischaffender Verschwörungsmystiker und Kumpan Gottfried Küssels vertraut ist.

 

Auch die Inhalte von AUF1 sind von Verschwörungserzählungen geprägt, was sich auch in der Wahl der Interviewgäste widerspiegelt. Wiederholt trat etwa Monika Donner bei Stefan Magnet auf. Am 21. August 2021 propagierte sie dabei ihre "revisionistische" Sichtweise, dass "angloamerikanische Kräfte" hinter beiden Weltkriegen steckten. Diese Kräfte seien bis heute aktiv und verfolgten nach wie vor ihre "NWO-Agenda [New World Order]". Im Zuge der Corona-Pandemie werde von ihnen gezielt "der Volksstamm geschwächt, destabilisiert", um – so Donner – "einen geeinten Widerstand von einem Volkskörper zu verhindern".

 

Immer wieder interviewt man auch den auf den Philippinen lebenden Deutschen Oliver Janich, berüchtigt für seine offenen Aufrufe zu politischen Morden und Gewalt gegenüber staatlichen Organen. Im AUF1-Interview vom 21. Juli 2021 bezeichnete Janich die Covid-19-Impfungen als "Biowaffe", über die durch Unfruchtbarmachung von Geimpften eine globale Bevölkerungsreduktion erzielt und eine Weltregierung installiert werden solle (Positionen, die auch Magnet selbst vertritt). An der Spitze dieser Verschwörung stünden Personen wie "der Herr Rothschild" und "der Herr Rockefeller". In Sachen Widerstand gegen die Impfung hoffte Janich auf die USA, weil dort "die Menschen bewaffnet" seien. Doch auch in Deutschland hätten Polizei und Armee keine Chance, wenn das Volk sich erhebe (21. Juli 2021). Am 14. Februar 2022 postete AUF1 auf Telegram ein Janich-Zitat, das die Covid-19-Impfung als "vorsätzliche[n] Massenmord" charakterisiert.

 

Am 16. November 2021 mobilisierte AUF1 mit einem Janich-Zitat für eine Corona-Demonstration in Wien, in dem Österreich als "Versuchslabor der Freimaurer" bezeichnet wurde – passend zu einem besonderen Steckenpferd Stefan Magnets, der Anrufung einer vermeintlichen freimaurerischen Weltverschwörung. Auch ansonsten stößt man bei AUF1 allenthalben auf böse Pläne einer globalen, von Gier und Machtinteressen getriebenen Elite. Teils wird diese als freimaurerisch bestimmt, oft unter dem Label "Globalisten" abgehandelt, teils auch mit anderen antisemitischen Codes belegt. Insbesondere die Chiffre der "internationalen Hochfinanz" erfreut sich bei Chefredakteur Magnet großer Beliebtheit. So wandte er sich etwa am 13. November 2021 gegen "Hochfinanz und Freimaurerei". "Die internationale Hochfinanz ist entschlossen den 'Great Reset' umzusetzen", schrieb er wiederum am 16. Jänner 2022. Daneben propagiert Magnet auch die These eines Mossad-Mordes an Jörg Haider (10. Oktober 2021) oder fragt rhetorisch, ob es wohl Zufall sein könne, dass COVID von rechts gelesen auf Hebräisch "Spalten" bedeute (31. Oktober 2021).

 

Als zentrales Schreckensszenario unter dem Schlagwort des "Great Reset" firmiert bei AUF1 jenes einer – originellerweise von Großkapitalisten vorangetriebenen – "global-kommunistischen" Diktatur. Der apokalyptische Grundton ist neben dem Hang zu Verschwörungserzählungen prägendes Merkmal der Programmlinie.

 

Auch eine prononcierte Kreml-Nähe ist dem Projekt – wie bei einer Unternehmung des bekennenden Putin-Fans Magnet erwartbar – zu attestieren. Die russische Invasion in der Ukraine beschrieb man bei AUF1 am 24. Februar 2022 als bloße Antwort auf einen angeblichen jahrelangen "offenen Terror der Westukraine" (gemeint: der demokratisch gewählten ukrainischen Regierung) in den östlichen Landesteilen. Putin habe letztendlich eingegriffen, "um die bislang einseitige Aggression zu stoppen". Inzwischen ist das Medium – offenbar unter dem Druck der Publikumsmeinung – ein Stück weit von allzu offener Putin-Apologie abgerückt.

 

Neben Putin hat es Magnet die FPÖ angetan. Vor den oberösterreichischen Landtagswahlen veröffentlichte er (am 25. September 2021) einen geradezu flehentlichen Wahlaufruf für sie – auch aus Dank dafür, dass sie ihm trotz öffentlicher Kritik die Treue gehalten und laufende Verträge mit ihm nicht gekündigt habe. Treue übt die Partei auch gegenüber Magnets Medium, dem immer wieder hochrangige FunktionärInnen – darunter Obmann Herbert Kickl, Susanne Fürst und Gerald Hauser – als Interviewgäste zur Verfügung stehen. Kickl teilt mitunter auch aktiv Inhalte des Mediums auf sozialen Medien.

 

Angesichts hetzerischen und/oder faktenwidriger Inhalte war AUF1 schon wiederholt mit Rückschlägen konfrontiert – u. a. in Form von Sperren durch YouTube, Facebook und PayPal. Mit Blick auf die eingangs erwähnte Sendungsübernahme im Kabelfernsehen hat inzwischen auch die unabhängige Rundfunkaufsicht Komm Austria eine Untersuchung gestartet: AUF1 und RTV werden auf mögliche Verstöße gegen das Mediengesetz geprüft.

 

 

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