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"Siegesfeier" in Amstetten

 

"Eine andere lügenhafte Behauptung ist die, wartet nur den 10. April ab! Nach dem 10. April da wird die Maske fallen, nach dem 10. wird sich zeigen, was sie eigentlich wollen, und dann wird die Rache einsetzen. […] Das Recht auf Rache hätten viele alte Parteigenossen gehabt! […]

Aber ich muß auch ehrlich den Hut abnehmen vor der bewundernswerten Haltung der österreichischen Nationalsozialisten, vor ihrer Anständigkeit ihren Quälern gegenüber."

 

Reichsluftfahrtminister und Beauftragter für den Vierjahresplan Hermann Göring in der Wiener Nordwestbahnhalle, 26. März 1938
(Redetext abgedruckt in: Der 10. April. Wahlzeitung für den deutschen Österreicher, DÖW Bibliothek 4042/11)

 

 

Bereits am Abend des 11. März 1938 begannen Mitglieder, Sympathisanten und Mitläufer der bis dahin illegalen NSDAP, bekannte Gegner des NS-Regimes und Juden zu verhaften. Misshandlungen und Demütigungen vor allem von Juden und Jüdinnen, aber auch von Repräsentanten des untergegangenen "Ständestaats" fanden dabei immer wieder im öffentlichen Raum statt. In Amstetten und Umgebung nahmen Nationalsozialisten die "Volksabstimmung" zum Anlass, in den folgenden Nächten die neuen Kräfteverhältnisse zu demonstrieren. In einer Meldung der Gestapo Außenstelle St. Pölten an die Gestapo Wien vom 16. April 1938 ist von 60 bis 70 Fällen die Rede, "wo Zivilpersonen während der Nacht durch Angehörige von Gliederungen der NSDAP mißhandelt worden sind". Keiner der Täter wurde bestraft.

 

 

"Inzwischen hielt das Auto vor der Turnhalle und wurde die Türe des Autos von aussen aufgerissen und ich zum Aussteigen aufgefordert, bezw. von meinen Begleitern aus dem Auto herausgedrängt. Ich wurde sogleich von za. 30 Burschen, von denen einige glaublich in der SS Uniform waren, umringt und von rückwärts plötzlich zu Boden gerissen. In diesem Momente fielen schon von allen Seite[n] auf mich Schläge nieder und glaube ich, dass die Täter nicht nur mit Fäusten, sondern auch mit Stöcken und Gummiknütteln gegen mich losgeschlagen haben. […] Nach einiger Zeit, es dürfte[n] ungefähr 5 bis 10 Minuten gewesen sein, hörten dann die Hiebe auf und wurde ich nur aufgefordert, mich vom Boden zu erheben und rasch zu entfernen. Als ich mich erhoben hatte, trat nochmals ein Bursche, den ich aber gleichfalls nicht erkannte, auf mich zu und sagte: 'Ich wäre Dir ja auch noch etwas schuldig, aber Du hast heute schon genug, schaue nur, dass Du sogleich verschwindest.'"

 

Angaben von Gendarmerie-Rayonsinspektor Leopold Autich,

in: Bericht des Bezirksgendarmeriekommandos Amstetten an die Bezirkshauptmannschaft Amstetten, 11. April 1938

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Bericht

 

 

 

 

"[…] 7 Burschen haben ihn mit Gummiknüttel u. Stricken so geschlagen, daß er mehrfache Kopfwunden, sowie auch Ohr und Gesicht voller Wunden, eine Hand ganz verschwollen u. am ganzen Körper hat er kein weißes Fleckerl, alles blau u. Blutunterlaufen […]
Das können doch keine Nationalsozialisten sein um Gottes Willen?"

 

Brief des Ehepaars Braun aus Aschbach,
13. April 1938
(Zitat in Originalorthographie)

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Brief

 

 

"Ich musste dort [auf einer entlegenen Wiese] aussteigen und bekam sogleich einige Ohrfeigen. […]
Hierauf musste ich marschieren, wurde zu Boden geschlagen und mit den Füssen getreten. Ich erlitt dabei Verletzungen im Gesicht und am Rücken. Mir wurde nun befohlen, aufzustehen und sofort nach Hause zu gehen, widrigen Falles ich erschossen werde.
Als ich mich nun zu meiner Wohnung geschleppt hatte, dauerte es kaum eine ¼ Stunde und es klopfte schon wieder an meiner Wohnungstür. Ich öffnete jedoch diesmal das Haustor nicht mehr, worauf die Leute wieder weg gingen.
Am nächsten Tage begab ich mich zu meiner Dienststelle und wurde um 9 h 25 von jemand Unbekannten angerufen, wobei mir nahe gelegt wurde, dass es für mich besser sei, wenn ich über die erlittenen Misshandlungen Stillschweigen bewahre. […] Ich bitte ausdrücklich, dass über meine Angaben der S.A. nichts zur Kenntnis kommt, da ich ansonsten neuerliche Uebergriffe zu befürchten hätte."

 

Niederschrift, aufgenommen mit Alois Hartinger, 29. April 1938 (Zitat in Originalorthographie)
Die Niederschrift wurde von der Stadtgemeinde Amstetten an die Gestapo Wien übermittelt.

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Niederschrift

 

 

 

 

 

 

"Eine Verfolgung der an diesen Ereignissen aktiv beteiligten Pg. [Parteigenossen], deren Handlungen nur eine psychologisch verständliche Reaktion auf die ihnen in den letzten Jahren aufgezwungenen schweren Leiden und Opfer war, würde eine grosse seelische Belastung alle[r] illegalen Kämpfer bedeuten und die Stimmung dieser besten Pg. schwer bedrücken."

 

Bericht NSDAP Kreisleitung Amstetten,
29. April 1938

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Bericht

 

 

 

 

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Themen

NS-Terror

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11. 4. 1938 (OeStA/AVA, Bürckel-Akten / Kopie DÖW 21.149)
(517,9 KB)

13. 4. 1938, mit Transkript (OeStA/AVA, Bürckel-Akten / Kopie DÖW 21.058/36C)
(480,7 KB)

15. 4. 1938 (OeStA/AVA,Bürckel-Akten / Kopie DÖW 21.058/36C)
(374,2 KB)

16. 4. 1938 (OeStA/AVA, Bürckel-Akten / Kopie DÖW 21.149)
(156,4 KB)

22. 4. 1938 (OeStA/AVA,Bürckel-Akten / Kopie DÖW 21.149)
(174,5 KB)

29. 4. 1938 (OeStA/AVA, Bürckel-Akten / Kopie DÖW 21.149)
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29. 4. 1938 (OeStA/AVA,Bürckel-Akten / Kopie DÖW 21.149)
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11. 6. 1938 (OeStA/AVA, Bürckel-Akten/ Kopie DÖW 21.149)
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