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Palzew, Boris

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Пальцев Борис Наумович

Geboren: 1903, Odessa

Beruf: Techniker

Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau

Verhaftet: 26.09.1937, Moskau

Anklage: Spionage für Österreich

Urteil: 20.02.1938, Dvojka, Tod durch Erschießen

Gestorben: 28.02.1938, Butovo

Rehabilitiert: 08.12.1956, Militärtribunal des Obersten Gerichts der UdSSR

Emigrationsmotiv: andere

Schicksal: erschossen

 

Boris Palzew (Palzeff) wurde 1903 in Odessa geboren. 1907 übersiedelte die jüdische Familie nach Wien, wo sich der Vater eine bessere ärztliche Behandlung erhoffte. Zeitweilig wohnte die Familie, die in Wien bis 1912 ein Uhrengeschäft betrieb, in Italien. Boris Palzew studierte Maschinenbau in Wien bis 1922 und lebte dann von Gelegenheitsarbeiten, bis er als sowjetischer Staatsbürger 1926 über die Botschaft den Einberufungsbefehl zur Roten Armee erhielt. Nachdem er den Wehrdienst geleistet hatte, wollte er wieder nach Wien zurückkehren, blieb jedoch in Moskau, weil er ein Angebot der schwedischen Firma SKF erhielt, in ihrem Kugellagerwerk zu arbeiten. In diesem Betrieb blieb er bis 1930, als er wegen Streitigkeiten über die Weitergabe von Plänen an den neuen Direktor der Firma entlassen wurde. Er arbeitete dann bis 1934 bei Техношарзнаб (Versorgung mit technischen Artikeln) und dann bei den Maschinenbauinstituten CNIIMAŠ (Центральный научно-исследовательский институт машиностроения) und ĖNIMS (Экспериментальный научно-исследовательский институт металлорежущих станков), bis er am 26. September 1937 verhaftet wurde. Zu dieser Zeit war er Hauptkonstrukteur in der 2. Kugellagerfabrik in Moskau. Palzew war mit der Österreicherin Elisabeth Donauer (Donauer-Glanz) verheiratet, die von 1931 bis 1954 in der Sowjetunion lebte und ab 1927 Mitglied der KPÖ war. Erst nach ihrer Rückkehr nach Österreich 1954 erfuhr sie vom Schicksal ihres Mannes, zuvor hatte man ihr die bei geheimen Hinrichtungen übliche Auskunft gegeben: zehn Jahre Haft ohne Recht auf Korrespondenz.

 

Palzew wurde nur zwei Mal verhört und "gestand" Spionagetätigkeit für den deutschen, österreichischen, schwedischen, amerikanischen und italienischen Geheimdienst. Er sei von seinem Freund und Studienkollegen Deutschländer (offensichtlich Ernst Deutschländer) für den österreichischen Geheimdienst angeworben worden und hätte Kontakt zu ausländischen Agenten gehabt, die bereits verhaftet worden seien. Erschwerend war für Palzew seine Tätigkeit für Betriebe, die auch im Rüstungsbereich tätig waren. Dass er als Geheimagent für den NKVD gearbeitet hatte, nützte ihm dagegen nichts. Er wurde am 20. Februar 1938 zum Tode verurteilt und am 28. Februar 1938 in Butovo bei Moskau erschossen.

 

Im Zuge des Rehabilitationsverfahrens 1956 wurde festgestellt, dass Palzew im Auftrag des NKVD Kontakt zu in Russland lebenden Ausländern unterhalten hatte und dass seine "Arbeit" vom NKVD positiv bewertet worden war. Im Rehabilitierungsakt ist festgehalten, dass die für Palzews Verfahren verantwortlichen NKVD-Mitarbeiter I. S. Jakubovič und Ivan Sorokin wegen antisowjetischer Tätigkeit und Fälschung von Akten verurteilt wurden.

 

 

Quelle: GARF, DÖW

 

Siehe auch Walter Baier/Franz Muhri, Stalin und wir. Stalinismus und die Rehabilitierung österreichischer Opfer, Wien 2001, S. 63.

 

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