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Lichtenstein, Josef

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Лихтенштейн Иосиф Леонтьевич (Леонович, Львович)

Geboren: 04.03.1902, Sambor (Ostgalizien)

Beruf: Modelltischler

Letzter Wohnort in Österreich: Graz

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 05.06.1932

Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau

Verhaftet: 27.10.1937, Moskau

Anklage: Spionage, konterrevolutionäre Tätigkeit, betrügerische Einreise in die Sowjetunion

Urteil: 01.11.1937, Dvojka, Tod durch Erschießen

Gestorben: 03.11.1937, Butovo

Rehabilitiert: 01.09.1956, Militärkollegium des Obersten Gerichts

Emigrationsmotiv: wirtschaftliche Emigration

Schicksal: erschossen

 

Josef Lichtenstein wurde 1902 in Sambor (heute Sambir, L'vivska obl., Ukraine) geboren. Sein Vater arbeitete in einem Sägewerk. 1908 übersiedelte die Familie zu Verwandten nach Graz. Der Vater versuchte sich wenig erfolgreich als Kaufmann, er starb 1915 an der italienischen Front. Josef Lichtenstein, der Bruder von Max Lichtenstein und Cousin von Gisela Lichtenstein, absolvierte ein Realgymnasium in Graz, die Kosten musste er durch Privatstunden abdecken. Von 1918 bis 1924 war er Mitglied einer zionistischen Jugendorganisation, besuchte auch Veranstaltungen von Anarchisten. Von Februar 1925 bis 1927 lebte er in Frankreich und arbeitete als Kunsttischler, zuerst in Straßburg (Strasbourg), dann ab Mai 1926 in Paris, wo er sich der kommunistischen Bewegung näherte.

 

Als seine Aufenthaltserlaubnis nicht mehr verlängert wurde, übersiedelte Josef Lichtenstein 1928 nach Berlin, wo er 1930 der KPD beitrat. Wegen Arbeitslosigkeit – er war vom Warenhaus Wertheim 1931 wegen politischer Aktivitäten entlassen worden – reiste Lichtenstein als Mitglied einer Gruppe des Sportklubs "Fichte" mit einem Touristenvisum im Sommer 1932 in die Sowjetunion, mit der Absicht, nicht zurückzufahren, und ohne die Erlaubnis der KPD einzuholen. In Moskau unterstützte ihn ein deutscher Ingenieur namens Ewald Kaiser (er fuhr 1934 nach Deutschland zurück) und verschaffte ihm Arbeit in einer Modellwerkstatt. Von 1934 bis 1936 arbeitete Josef Lichtenstein dann als Modellbauer im Stalin-Autowerk und nahm an Abendkursen der Komintern-Kaderschule KUNMZ (Коммунистический университет национальных меньшинств Запада имени Юлиана Мархлевского) mit ausgezeichneter Beurteilung teil. Lichtenstein und seine Frau Margarete erhielten 1936 die sowjetische Staatsbürgerschaft, im gleichen Jahr wurde aber Josef Lichtensteins Überführung in die VKP (b) abgelehnt.

 

Zum Verhängnis wurden ihm wahrscheinlich die verhafteten Verwandten und Bekannten, insbesondere der bereits 1935 als Konterrevolutionär zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilte Josef Beiser-Barski, der mit Josef Lichtensteins Kusine Elsa Beiser-Lichtenstein (geb. 02.02.1906) verheiratet war, und die als Trotzkistin verurteilte Eva Schneider, deren Einreise in die UdSSR er mit Hilfe seines Bruders Max (Max Lichtenstein wurde erst später verhaftet) arrangiert hatte.

 

Am 27. Oktober 1937 wurde Josef Lichtenstein verhaftet, am 1. November zum Tode verurteilt und am 3. November 1937 in Butovo bei Moskau hingerichtet. Es wurde ihm u. a. vorgeworfen, er hätte sich durch Betrug ein Einreisevisum verschafft, er habe im Ausland einer konterrevolutionären (zionistischen) Spionageorganisation angehört und in Russland Verbindungen zur polnischen Botschaft und zur österreichischen Gesandtschaft (wo er lediglich regelmäßig die Pension seiner Mutter, die seit September 1935 in Moskau lebte, abgeholt hatte) unterhalten.

 

 

Quelle: RGASPI, ÖStA, lists.memo.ru

 

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