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Kernmayer, Ernst

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Кернмайер Эрнст Францевич (Кернтайнер Сергей)

Geboren: 14.02.1923, Poitschach (Bez. Feldkirchen, Kärnten)

Letzter Wohnort in Österreich: Kapfenberg (Steiermark)

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 08.08.1934

Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau

Verhaftet: 22.04.1945, Wien

Anklage: Spionage

Urteil: 1945, Sonderberatung (OSO), 25 Jahre Lagerhaft

Emigrationsmotiv: Schutzbund-Kind

Schicksal: überlebte

 

Ernst Kernmayer wurde 1923 in Poitschach im Bezirk Feldkirchen (Kärnten) geboren. Sein Vater Franz Dorfegger, geb. 1900, war Tischler, beide Eltern waren Mitglieder der SDAP. Kernmayer lebte bis 1928 bei einer Tante und übersiedelte dann zu den Eltern nach Kapfenberg. Wegen Arbeitslosigkeit des Vaters übersiedelte die Familie 1931 nach Diemlach, südlich von Kapfenberg. Kernmayers Vater war wegen seiner Verwicklung in die Kämpfe im Februar 1934 einige Monate in Haft.

 

Ernst Kernmayer gelangte im August 1934 mit einem Schutzbündler-Kindertransport über die ČSR nach Russland. Nach einem Sommerlager auf der Krim kam er in das Moskauer Kinderheim № 6 und besuchte anfangs die deutsche Karl-Liebknecht-Schule, nach deren Schließung 1937 eine normale Schule.

 

1943 sprang er als Freiwilliger mit dem Fallschirm in Ostpreußen über deutschem Gebiet ab. Er war mit einem in Moskau hergestellten Ausweis der Hitlerjugend ausgestattet, mit dem er sämtliche Kontrollen passierte und tatsächlich an seinen Einsatzort nach Wien gelangte, um dort als Kundschafter tätig zu werden. Ende März 1943 besuchte er seine Mutter in Kapfenberg, bei der er sein Funkgerät versteckte. Als dieses bald darauf gefunden wurde, wurde seine Mutter verhaftet. Ernst Kernmayer war inzwischen nach Wien gefahren, wo er jedoch gefasst wurde, als er sich nach Kärnten absetzen wollte. Im Gestapo-Gefängnis wurde er "umgedreht", nun lieferte er falsche Informationen an den sowjetischen Geheimdienst.

 

Nach der Befreiung Wiens durch die Rote Armee konnte Ernst Kernmayer die Freiheit nur wenige Tage genießen; am 22. April 1945 wurde er von den Sowjets in Wien verhaftet. Im August 1945 wurde er wegen Spionage zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt. Wie sein Mithäftling V.S. Frid (Фрид Валерий Семенович, verhaftet 19.04.1944) in seinen Lagermemoiren 58 с половиной или записки лагерного придурка berichtet, trug er im Lager den Namen Sergej Kerntajner (Сергей Кернтайнер).

 

Im Dezember 1954 konnte Kernmayer nach Österreich zurückkehren, er soll in der Folge als Trafikant in Kapfenberg gelebt haben.

 

 

Quelle: RGASPI

 

Siehe auch Hans Schafranek (unter Mitarbeit von Natalja Mussijenko), Kinderheim № 6. Österreichische und deutsche Kinder im sowjetischen Exil, Wien 1998;

Charlotte Rombach, Gelebte Solidarität. Schutzbundkinder in der Sowjetunion, Wien 2003;

Hans Schafranek, Im Hinterland des Feindes. Sowjetische Fallschirmagenten im Dritten Reich 1942-1944, in: DÖW (Hrsg.), Jahrbuch 1996, S. 10-40.

 

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