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Heybey, Maria

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Гейбей Мария Иогановна (Июгановна)

Geboren: 25.05.1903, Wien

Beruf: Kindergärtnerin

Letzter Wohnort in Österreich: Wien

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 1928

Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau

Verhaftet: 03.05.1938, Moskau

Anklage: hat Volksfeind Jagoda nicht entlarvt, Frau eines Landesverräters

Urteil: 23.07.1938, Sonderberatung (OSO), 8 Jahre Lagerhaft

Gestorben: 1991, Wien

Rehabilitiert: 07.05.1955, Militärkollegium des Obersten Gerichts

Emigrationsmotiv: wirtschaftliche Emigration

Schicksal: überlebte

 

Maria (Mia) Heybey wurde 1903 in Wien geboren, sie hatte fünf Geschwister. Ihr Vater war angelernter Arbeiter in einer Ledermöbelfabrik, die Mutter war Näherin. Nach der Schule machte Maria Heybey eine Ausbildung zur Kindergärtnerin bei den Diakonissinnen in Gallneukirchen und arbeitete dann als Kindergärtnerin bei den Kinderfreunden. Daneben machte sie eine weitere Ausbildung als Säuglingskrankenschwester und Heilpädagogin für Kinder mit orthopädischen Behinderungen. Ab 1919 arbeitete Heybey in einem Kindergarten in den Grinzinger Baracken, wurde jedoch bald wegen gewerkschaftlicher Betätigung entlassen. Später konnte sie im Montessori-Kindergarten in den Baracken arbeiten und lernte dort den aus Polen stammenden Kommunisten Markus Spitz kennen. 1923 trat sie der KPÖ bei. Heybey und Spitz, der in der sowjetischen Handelsvertretung beschäftigt war, ließen ihre Lebensgemeinschaft am 5. Jänner 1923 in der sowjetischen Botschaft registrieren.

 

1928 wurde Markus Spitz nach Moskau versetzt und Maria Heybey folgte ihm, da sie in Wien gerade arbeitslos war. Sie arbeitete zunächst als Betreuerin für ausländische Arbeiter bei den Filmstudios von Межрабпомфильм und in der 2. Moskauer Uhrenfabrik. Dann kehrte sie 1930 für einige Monate nach Wien zurück, wo am 25. März 1930 ihr Sohn Walter zur Welt kam. Maria Heybey wurde bald in die VKP (b) überführt, Markus Spitz dagegen wurde trotz Befürwortung durch die KPÖ wegen seiner bourgeoisen Herkunft (sein Vater war Fabriksbesitzer) nicht in die VKP (b) übernommen. Während der Lebensmittelknappheit infolge der Kollektivierung der sowjetischen Landwirtschaft litt die Familie in Moskau fallweise Hunger, bis sich 1933 ihre Lage verbesserte, als Maria Heybey dem Sohn einer wichtigen Persönlichkeit Deutschunterricht zu erteilen begann. Dafür bekam sie 80 Rubel monatlich und täglich das Mittagessen für sich und ihren Sohn Walter. Diese "Persönlichkeit" war niemand Geringerer als Genrich Jagoda, der Chef der Geheimpolizei OGPU. Erst im Oktober 1933 gab man ihrem Wunsch nach Entlassung nach. Heybey lehnte in der Folge ähnliche Angebote bei den Kindern des Volkskommissars für die Lebensmittelindustrie Anastas Mikojan und bei Aleksandr Nikolaevič Poskrёbyšev, Stalins persönlichem Sekretär, ab. Sie arbeitete als Kindergärtnerin im Volkskommissariat für Außenhandel und im Hotel Lux (Люкс), wo die Kominternfunktionäre wohnten.

 

Am 7. September 1937 wurde Heybey, weil sie den "Volksfeind" Jagoda nicht entlarvt hatte, aus der VKP (b) ausgeschlossen, obwohl sie Genrich Jagoda kaum jemals persönlich gesehen hatte. Sie wurde arbeitslos, ebenso wie Markus Spitz. Um leben zu können, musste die Familie die Wohnungseinrichtung verkaufen. Maria Heybey wurde dann zusammen mit Markus Spitz am 3. Mai 1938 verhaftet. Den Vorwurf der Spionage ließ man fallen. Heybey wurde am 23. Juli 1938 als Angehörige eines Landesverräters (Spitz war wenige Tage zuvor als deutscher Spion erschossen worden) zu acht Jahren Lagerhaft verurteilt.

 

Nach ihrer Entlassung am 13. August 1946 nahm sie den Namen Spitz an und fand Arbeit als Etagenfrau (дежурная) in einem Hotel in Karaganda. Sie durfte das Gebiet nicht verlassen. Im August 1947 wandte sie sich an die Rote Hilfe in Moskau und bat um die Erlaubnis zur Rückkehr nach Wien "zur Parteiarbeit". Die KPÖ unterstützte 1948 ihren Wunsch, zudem erhielt sie von der Botschaft einen Pass. Infolge der Währungsreform hatte sie nicht genug Geld, um nach Moskau zu fahren. Der Moskauer KPÖ-Vertreter Friedrich Hexmann hatte ihr lediglich 200 Rubel geschickt, die nicht reichten.

 

Im August 1948 lehnte die Ausreisekommission des ZK der KPdSU Heybeys Rückkehrantrag ab. Im Februar 1954 unterstützte dann Hexmann ihre Rückkehr nach Österreich, und so konnte sie im Mai 1954 nach Wien fahren, wo sie als Dolmetscherin in einem sowjetischen Betrieb arbeitete. Über die KPÖ initiierte sie ihre Rehabilitierung sowie auch die Rehabilitierung ihres Mannes. Es gelang ihr, sich vor sowjetischen Gerichten eine Entschädigung zu erkämpfen, die sie mit ihrem Sohn teilte. Maria Heybey starb 1991 in Wien.

 

 

Quelle: Parteiarchiv der KPÖ, RGASPI, GARF, DÖW

 

Siehe auch Claudia Floss, Mia Heybey-Spitz, in: Memorial. Österreichische Stalin-Opfer, Wien 1990, S. 21-38;

Karin Nusko/Ilse Korotin (Hrsg.), Im Alltag der Stahlzeit. 18 Jahre in der UdSSR. Lilli Beer-Jergitsch (1904-1988). Lebenserinnerungen, Wien 2013, S. 71 ff.

 

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