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Zum islamisierten Antisemitismus und seiner Prävention

Vortrag von Andreas Peham im DÖW, 27. November 2019

 

Weil der Islam zwar Anknüpfungspunkte für den Antisemitismus aufweist, im Gegensatz zum Christentum diesen jedoch nicht aus sich heraus produziert, sollte ihm das Adjektiv islamisiert vorangestellt werden. Tatsächlich waren es christliche Missionare und Diplomaten, die im 19. Jahrhundert – beginnend mit einer arabischen Übersetzung von August Rohlings Talmudjuden – die Rationalisierungen des Hasses auf Jüdinnen und Juden in den arabischen Raum brachten. Der solcherart islamisierte Antisemitismus lässt sich als Verdichtung der unterschiedlichen Erscheinungsformen des europäischen Antisemitismus analysieren. Diese Importthese (Michael Kiefer u. a.) bezieht sich jedoch nur auf die antisemitische Ideologie, die Ursachen für den am Ende des 19. Jahrhunderts aufkommenden islamisierten Antisemitismus liegen in den (Modernisierungs-)Krisen der Gesellschaften bzw. im konflikthaften Aufeinanderprallen von Tradition und Kolonialismus. Wie in Europa ist der Antisemitismus die falsche Antwort auf die Modernisierung, die mit dem Judentum identifiziert wird. Mit dem Nahostkonflikt hat dieser Antisemitismus ursächlich nichts zu tun, Israel war noch lange nicht gegründet, als er um sich zu greifen begann. Dennoch dient die israelisch-palästinensische Konfrontation als beliebter Aufhänger für die Hetze gegen Jüdinnen und Juden. Weil es sich dabei um einen realen Konflikt handelt, können mittels faktenbasierter Aufklärung über ihn die Ressentiments aber leichter bearbeitet werden. Zudem bieten sich für die Präventionsarbeit tragfähige (islamische und historische) Gegennarrative an, auch die Ähnlichkeiten zwischen Islam und Judentum und deren gemeinsame Betroffenheit von der Vernichtungswut der Kreuzfahrer und ihrer heutigen virtuellen Nachahmer lassen sich gut für die Präventionsarbeit nutzen. Schließlich lässt sich der islamisierte Antisemitismus weniger als ein Mitbringsel aus den Herkunftsländern erklären als mit der Realität (in) der Migrationsgesellschaft. Der islamisierte Antisemitismus speist sich in seiner grundlegenden Semantik nicht aus islamischen Traditionen und muslimischen Glaubensinhalten – was die Chancen seiner Bekämpfung erhöht.

 

 

Veranstaltet vom Jüdischen Institut für Erwachsenenbildung in Kooperation mit dem DÖW

Kurs-Nr. 10443570

 

Kosten: 6,- Euro

 

Ort:

Veranstaltungsraum Ausstellung Dokumentationsarchiv, Altes Rathaus, Wipplingerstraße 6-8, 1010 Wien (Eingang im Hof)

 

Zeit:

Mittwoch, 27. November 2019, 18.30 bis 20.00 Uhr

 

Anmeldung:

Anmeldung und Bezahlung im Jüdischen Institut für Erwachsenenbildung

e-mail jife@vhs.at | T +43 1 891 74-153 000

 

 

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