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Pavla Apovnik: "Bei euch sind Partisanen"

Pavla Apovnik, geb. 1902 in Feistritz bei Bleiburg/Bistrica pri Pliberku als Bauerntochter, Unterstützung der Kärntner PartisanInnen.

Verstorben.

 

 

Die Partisanen tauchten lange nicht bei uns auf, furchtbar lange nicht. Wann waren wohl die Ersten da? Irgendwann im 43er Jahr. Als die ersten Partisanen kamen, war alles ganz neu für uns, ich verstand nichts. Sie ließen irgendwelche Broschüren da und ich las sie. Sie sagten: "Wir sind die Osvobodilna fronta [Befreiungsfront], die geflohene Regierung können wir nicht leiden, den Okkupator wollen wir nicht. Wir sind die Osvobodilna fronta." Dann wusste ich schon, worum es ging. Aber an dem Abend, an dem sie kamen, wusste ich noch nicht, was sie waren. Nur zwei kamen in die Küche, die anderen blieben draußen. Der eine sagte: "Wir sind hungrig, habt ihr irgendetwas zu essen?", und wir wärmten ein bisschen Milch auf und gaben Brot dazu. Zu uns kamen dann eher die Kuriere, damit sie etwas zu essen bekamen und sich ausruhen konnten; hauptsächlich Kuriere kamen, die Armee war nur das erste Mal da.

 

Vor den Partisanen hatten wir keine Angst. Ich hatte vor den "Unsrigen" viel mehr Angst. Wenn ich "unsere" Soldaten vorbeigehen sah, dann klopfte mein Herz laut, wenn ich aber Partisanen sah, dann hatte ich überhaupt keine Angst.

 

Einmal kamen die "Unsrigen", es waren an die 15 Uniformierte, vielleicht mehr, mit Maschinenpistolen. Ein großer Polizist führte sie an. Ich kochte gerade und sah, wie sie kamen. Der Polizist kam in die Küche und sagte: "Bei euch sind Partisanen." Ich sagte: "Ich habe keinen gesehen." Die Soldaten umstellten das Haus und richteten ihre Maschinenpistolen darauf, der Ranghöchste kam mit dem Gewehr auf mich zu; ich erinnerte mich an meinen Bruder, der in Jugoslawien bei einer Art Grenzwacht war, die die kroatische Grenze bewachte, dort kannten sie die Partisanen schon besser. Immer, wenn er kam, sagte er: "Pass auf, die Partisanen verstecken sich manchmal irgendwo, und nicht einmal der Bauer weiß davon. Wenn sie nicht weiterkönnen, weil es schon Tag wird, dann verstecken sie sich einfach. Pass auf, manchmal verstecken sie sich auch den ganzen Tag und gehen erst in der Nacht weiter." Ich sagte zu dem Polizisten: "Ich habe keinen gesehen." Er sagte: "Gut, haben Sie eben keinen gesehen, wir werden eine Hausdurchsuchung machen." "Können Sie." Sie schauten alles durch, durchwühlten alles. Sie gingen auf die Tenne, sie hatten eineinhalb bis zwei Meter lange Eisenstangen mit, und mit denen stocherten sie im Heu und im Stroh herum. Ich musste dabeistehen, er hatte mir vorher gesagt, dass ich mitkommen sollte. Dann winkte er ab, weil nirgends ein Partisan war, die Soldaten sammelten sich wieder, wir beide gingen in die Küche. Dort hielt er mir eine Predigt: "Wenn die Partisanen kommen, müssen Sie es melden." Ich sagte: "Ja, ich werde es melden, aber bis jetzt sind sie ja noch nie gekommen, ich kann ja nichts melden, wenn keiner da ist." Ich sagte halt "Ja, ja" und versprach ganz groß: "Wenn sie kommen, werde ich sie schon anzeigen und melden."

 

In Jugoslawien war eine Schule, dort waren Gendarmen stationiert, Hitler-Gendarmen, die zu uns Milch holen kamen. Einer von ihnen war aus St. Michael, und der war auch dabei, als die Gendarmen aus der Schule der Bleiburger Polizei zu Hilfe kamen. Den fragte ich: "Na, was haben wir denn ausgefressen, dass ihr so angestürmt kommt?" Er darauf: "Ich weiß es nicht, aber ich kann es noch herausfinden." "Oh, bitte schön, versuch es herauszufinden und sag es mir." Sie bekamen jeden Tag zehn Liter Milch bei uns. Ihr Postenführer, ein Völkermarkter, ein gewisser Lepuschitz, der hatte den größten Eisenstock, und der drosch so auf dem Stroh herum, dass ich mir dachte: "Schau ihn dir an, jeden Tag bekommt er 10 Liter Milch, und jetzt führt er sich so auf." Ich war sehr wütend auf ihn. Wenn da ein Mensch drin gewesen wäre, den hätten sie sowieso durchlöchert, der wäre tot gewesen. Als der aus St. Michael das nächste Mal Milch holen kam, er war ein Heimischer und überhaupt nicht für den Hitler, aber er musste gehorchen, sagte er zu mir: "Ein Bauer aus Bleiburg ist auf die Gendarmerie gekommen und hat erzählt, dass ihn zwei Partisanen gefragt hätten, wo es zum Zdovc [ein Nachbar Pavla Apovniks] geht." Und deswegen waren sie gekommen und hatten alles auf den Kopf gestellt und mich erschreckt. Ich war damals ganz allein zu Hause, die anderen waren am Feld. Mein Mann war bei seinem Vater. Er half ihm manchmal in der Wirtschaft, weil so viele seiner Brüder bei den Soldaten waren. Wir arbeiteten halt wie die Verrückten.

 

Noch gefährlicher waren die raztrganci, vor denen musste man Angst haben. Deserteure, die "Grünen", die einfach so auf Kosten der Partisanen herumgingen, weil sie überleben wollten, aßen sich ein bisschen an, wollten etwas Geld haben und gingen wieder. Die waren nicht gefährlich. Die raztrganci, die taten sehr viel Böses, die richteten sehr viel Leid an, das weiß ich.

 

Ich kann mich erinnern, wie sie einmal zum Nachbarn kamen: Die Jacken hatten sie verkehrt angezogen, weil sie glaubten, dass die Partisanen wirklich so angezogen und zerrissen waren. Sie legten sich einfach auf den Boden und die Bänke, dann sagten sie, dass man ihnen eine Kartoffelsuppe kochen solle und dass sie Partisanen seien, die nicht viel Gutes zu essen bekämen. Eine Kartoffelsuppe wollten sie haben und hirnverbrannt benahmen sie sich. Zu diesem Haus kamen ja oft die Partisanen, und der Nachbar kannte sie gut. Diese raztrganci aber machten die Partisanen schlecht nach, sie wussten es ja nicht besser. Die Partisanen waren anständige Menschen und auch halbwegs schön angezogen. Von denen aber hatte einer löchrige Schuhe, dass ihm die Zehen herausschauten, einer hatte die Hose am Knie zerrissen. Der Nachbar kam dann erzählen, wie es war.

 

Sie gingen auch noch zu einem anderen Haus, zum Stropnik, das war schon auf der jugoslawischen Seite, und wollten auch dort etwas zu essen. Die kannten aber die Partisanen nicht so gut und die gaben den raztrganci Löffel zum Essen, und einer von ihnen ritzte auf dem Löffel hinten das Datum ein. Sie gaben sich als Partisanen aus, es wurde ihnen groß aufgewartet, in Wirklichkeit aber waren es raztrganci. Kurz darauf ging die Polizei hin zum Stropnik und behauptete, dass sie Partisanen bewirtet hätten. Die Frau stritt das ab. Die Polizei befahl: "Bringt die Löffel!", und als sie sie brachten, drehte ein Polizist sie um und sagte: "Schaut her, da haben wir den Tag, an dem sie hier waren, eingeritzt." Die ganze Familie wurde nach Deutschland "ausgesiedelt". Mein Mann war bei der Landwache, und die musste bei der "Aussiedlung" helfen. Sie schleppten sie nach Loibach auf die Gendarmerie, die Mutter hatte die Kinder an der Hand, ganz kleine, einen musste sie noch tragen, meinem Mann taten sie so Leid, sie weinte und schimpfte. Die ganze Familie wurde nach Deutschland geschickt, aber sie hatten noch Glück, weil die ganze Familie zu einem Bauern zur Zwangsarbeit kam und dort bis Kriegsende blieb. Die kamen alle zurück.

 

Der Nachbar tat so, als ob er den raztrganci glauben würde, dass sie echte Partisanen seien, in Wirklichkeit wusste er genau, wer sie waren. Er zeigte sie nachher sofort an, er ging auf die Gendarmerie und sagte: "Bei mir sind Partisanen gewesen." Er erzählte mir später: "Ich habe ja genau gewusst, wer das ist. Gleich, nachdem sie gegangen waren, bin ich los, und hab sie angezeigt, und die haben dort gesagt, ist schon gut, ist schon gut."

 

Die, die 1928 geboren waren, die 16, 17 Jahre alt waren, bekamen einen Einberufungsbefehl zur SS nach Wien. Darunter war auch mein zweiter Sohn. Da ging er schon lieber zu den Partisanen. Die Deutschen wollten dann von uns wissen, wohin er gegangen sei. Er hatte sich noch nicht gemeldet. Damals wurde aber schon furchtbar bombardiert, und so konnten wir sagen, wir wüssten nichts von ihm.

 

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