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Gottfried Küssel verhaftet

Neues von ganz rechts - April 2011

Im Zusammenhang mit den Ermittlungen zur (seit Ende März nicht mehr aufrufbaren) neonazistischen Internetsite Alpen-Donau wurden in der Nacht auf den 12. April Gottfried Küssel und ein weiterer, namentlich noch nicht bekannter Aktivist der Neonaziszene in Wien verhaftet. Daneben kam es zu sechs Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen in Wien und in der Steiermark. Bereits Ende Oktober 2010 wurden auf der Suche nach den Alpen-Donau-Hintermännern mehr als ein Dutzend Wohnungen von Neonazis durchsucht, schon damals konnten umfangreiches Beweismaterial und Waffen beschlagnahmt werden.

Der nicht zum ersten Mal im Zentrum behördlicher Ermittlung stehende Küssel, Jg. 1958, begann seine Karriere in den 1970er Jahren in der neonazistischen Aktion Neue Rechte (ANR). Nach eigenen Angaben trat er 1977 der NSDAP/AO bei, auf eine führende Tätigkeit Küssels im Umfeld von Gerd Honsik (HALT, Nationale Front usw.) folgte Mitte der 1980er Jahre die Gründung der Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO), der "Ostmark"-Filiale der Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (Michael Kühnen). Die VAPO stellte Anfang der 1990er die größte und gefährlichste österreichische Neonazigruppe dar, insbesondere mit ihren von Hans-Jörg Schimanek jun. geleiteten Wehrsportübungen sorgte sie immer wieder für Aufregung. Neonazis aus dem engsten VAPO-Dunstkreis wurden für mehrere Brandanschläge und zahlreiche Übergriffe verantwortlich gemacht. Nach der Verhaftung Küssels und weiterer Führungskader 1992/93 galt die VAPO als zerschlagen. Manche ihrer Aktivisten fanden über das burschenschaftliche Vorfeld einen Weg (zurück) zur FPÖ, andere gingen in den (virtuellen) Untergrund.

Nach 2000 begann Küssel seine Aktivitäten fortzusetzen. 2001 nahm er an der "Sonnwendfeier" der Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM) und des Wiener Korporationsringes (WKR) am Wiener Cobenzl teil. Fünf Jahre später tauchte Küssel samt Gesinnungskameraden bei einer vom damaligen FPÖ-Landesobmann Lutz Weinzinger organisierten burschenschaftlichen Palm-Gedenkfeier in Braunau auf. Dokumentiert sind u. a. Auftritte an den Gräbern der (Neo-)Nazi-"Helden" Walter Nowotny (2004, 2008) und Otto Skorzeny (2006), beim Sommerfest des neonazistischen Bundes freier Jugend (BFJ, 2007), beim "Fest der Völker" in Jena (2007) und am "Anti-Kriegstag" in Dortmund (2008, 2010). Entsprechend seiner Selbstdefinition als "nationaler Sozialist" stand Küssel auch als Redner auf neonazistischen 1. Mai-Demonstrationen zur Verfügung (Brno 2009, Schweinfurt 2010). Da in Österreich solche Demonstrationen in der Regel nicht erlaubt werden, waren Küssel und Kameraden angehalten, sich hierzulande bei anderen Gruppen anzuhängen. So etwa Ende März 2008, als er gemeinsam mit Franz Radl einen ganzen Block von Neonazis in einer Großdemonstration gegen den EU-Vertrag in Wien anführte.

Daneben agierte Küssel bis zu seiner Verhaftung als Schriftführer und Kassier der 1990 gegründeten Wiener akademischen Ferialverbindung Reich, deren Wappen ein nur wenig kaschiertes Hakenkreuz ziert. Bis 2005 saß dieser Pseudoburschenschaft Alois Desch (†) vor, ehemaliger VAPO-Aktivist und Mitglied der Wiener akademischen Burschenschaft Teutonia. Danach wurde der Vereinssitz an Küssels Adresse in Wien II verlegt und der Vorsitz von Lucas Tuma übernommen.

Unmittelbar nach Küssels Verhaftung setzte in der deutsch-österreichischen Neonaziszene eine Solidaritätskampagne ein. In Dortmund demonstrierte am 12. April eine Handvoll Neonazis aus dem Nationalen Widerstand "gegen diese erneute Repression". Einen Tag später führten ein paar Neonazis aus dem süddeutschen Raum vor dem österreichischen Konsulat in München eine "Solidaritätsmahnwache" durch. Der Neonaziversand Resistore hat rasch einen "Solidaritätsaufkleber für Gottfried" produziert, um "auf diesen willkürlichen Akt der politischen Verfolgung hinzuweisen [...]. Einen Teil des Erlöses werden wir den Kameraden in Österreich für Ihren Rechtskampf zur Verfügung stellen."

 

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