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Leontine Büchler – eine Lebensgeschichte zwischen Flucht, Vertreibung, Exil und dem Ringen um Zuerkennung einer österreichischen Pension

Vortrag von Elisabeth Fritsch und Rudolf Müller im DÖW, 16. Jänner 2020

 

Elisabeth FRITSCH zeichnet in ihrem Vortrag die Lebensgeschichte von Leontine Büchler nach: ihre Jahre als Sängerin und Gesangslehrerin, die von den Nationalsozialisten erzwungene Flucht, die Zeit ihres Exils in England und ihr Leben in Großbritannien nach 1945.

 

Rudolf MÜLLER beleuchtet die Hintergründe des jahrelangen Ringens um eine Pension für Leontine Büchler und skizziert positive sowie negative Aspekte dieser Form der „Wiedergutmachung“ der Republik Österreich im Bereich des Sozialversicherungsrechts.

 

Moderation: Claudia KURETSIDIS-HAIDER (DÖW)

 

 

Die Sängerin Leontine Büchler, geb. am 13. Juni 1887 in Pest in Ungarn, musste im März 1938 vor den Nationalsozialisten nach Großbritannien flüchten. Nach dem Ende der NS-Herrschaft blieb sie in England und wurde 1950 britische Staatsangehörige.

 

Als es in Österreich die Möglichkeit gab, für die Jahre der erzwungenen Flucht Pensionsansprüche geltend zu machen, suchte Leontine Büchler 1956 um eine Alterspension an. Unterstützt wurde sie dabei von der Rechtsanwaltskanzlei Hugo Ebner & Partner, die eine große Anzahl von jüdischen EmigrantInnen in Pensionssachen vertrat. Ihr Pensionsverfahren zog sich über zehn Jahre hin. Mit Bescheid der PV Arb. vom 24. Jänner 1969 wurde der Anspruch auf Alterspension anerkannt. Leontine Büchler starb 91-jährig am 18. September 1978 in einem Krankenhaus in Hawick in Schottland.

 

Von den über 200.000 vor 1938 in Österreich lebenden Menschen, die aufgrund der nationalsozialistischen "Nürnberger Gesetze" als Jüdinnen und Juden galten, fielen mehr als 66.500 der Shoah zum Opfer. Nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht und der Machtübernahme der Nationalsozialisten mussten bis 1942 über 130.000 Menschen das annektierte Österreich aus politischen und/oder rassistischen Gründen verlassen – 100.000 allein zwischen 11. März 1938 und Mai 1939; die große Mehrheit von ihnen waren Jüdinnen und Juden.

 

Die Lebensgeschichte von Leontine Büchler steht paradigmatisch für knapp 9000 KlientInnen der Rechtsanwaltskanzlei Hugo Ebner & Partner. Von den Nationalsozialisten 1938 zur Flucht gezwungen gelang vielen von ihnen die Flucht nach Großbritannien, wo sie – zunächst als "feindliche Ausländer" behandelt – Zuflucht fanden und sich langsam Existenzen aufbauen konnten. Die Republik Österreich lud die EmigrantInnen nach 1945 nicht zur Rückkehr ein, weshalb viele in ihrem Exilland blieben. Wenige kehrten nach Österreich zurück, darunter Hugo Ebner, der mit seiner Rechtsanwaltskanzlei jüdischen Flüchtlingen zu einer österreichischen Pension verhelfen konnte.

 

 

Vortragende:

 

Elisabeth FRITSCH kam 1941 in England zur Welt, wohin ihre Mutter 1936 ausgewandert war. 1945 kamen Mutter und Tochter nach Wien. Elisabeth Fritsch studierte Pharmazie und war bis 2002 im Bundesdienst tätig. Daneben inskribierte sie Geschichte als Gasthörerin.

 

Rudolf MÜLLER war 1974 bis 1989 zunächst als Rechtsanwaltsanwärter und Rechtsanwalt, später als Partner in der Kanzlei Ebner beschäftigt. Ab 1990 war er am Verwaltungsgerichtshof, zuletzt als Senatspräsident, tätig sowie ab 1998 Mitglied des Verfassungsgerichtshofes. Seit 1997 ist er als Honorarprofessor Lehrbeauftragter der Universität Salzburg für Arbeitsrecht und Sozialrecht. Müller ist Autor zahlreicher Publikationen, u. a. Mitherausgeber und Mitautor des Manz‘ schen Großkommentars zum ASVG "SV.-Komm".

 

 

Eintritt frei!

 

Zeit:

Donnerstag, 16. Jänner 2020, 18.00 bis 20.00 Uhr

 

Ort:

Veranstaltungsraum Ausstellung Dokumentationsarchiv, Altes Rathaus, Wipplingerstraße 68, 1010 Wien (Eingang im Hof)

 

 

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