DÖW-Kooperation: Buchpräsentation und Diskussion, 26. September 2023
Für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen hat Jan Sehn in Polen ähnlich hohe Bedeutung wie Fritz Bauer in der Bundesrepublik Deutschland. Er war kein KZ-Häftling, kein Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, sondern hatte während des Krieges eine bescheidene Stellung in einem Gastwirteverband inne. Und doch war der deutschstämmige Sehn nach 1945 eine treibende Kraft für die juristische Ahndung der deutschen Verbrechen in Polen. Als Vorsitzender der Bezirkskommission zur Untersuchung deutscher Verbrechen in Krakau verhörte er zahlreiche an Polen ausgelieferte Nationalsozialisten, darunter Amon Göth, Rudolf Höß und Maria Mandl.
Auf unkonventionelle Weise trug er belastendes Material zusammen, suchte Zeugen, die die Konzentrationslager überlebt hatten, und verhandelte mit kommunistischen Behörden der Volksrepublik Polen, US-amerikanischen Militärs und Staatsanwälten aus der Bundesrepublik Deutschland. Beim Frankfurter Auschwitz-Prozess spielte Sehn eine wichtige Rolle, da auf seine Vermittlung hin die Ortsbesichtigung in Auschwitz stattfinden und eine Gerichtsdelegation an den Tatort der Verbrechen reisen konnte – erstaunlich im politischen Klima des Kalten Krieges.
Zum Autor:
Filip Gańczak, geb. 1981, lebt mit seiner Familie in Warschau. Der studierte Journalist arbeitete lange im Ressort Ausland der Zeitschrift Newsweek Polska, bevor er sich als Wissenschaftler einen Namen machte. Seine Jan-Sehn-Biografie ist im Wallstein-Verlag erschienen (2022); aus dem Polnischen übersetzt von Lothar Quinkenstein.
ABLAUF
Begrüßung:
Direktorin des Polnischen Instituts Wien, Monika Szmigiel-Turlej
Diskutierende:
PD Dr. Jochen Böhler, Direktor des Wiener Wiesenthal Instituts für Holocaust-Studien (VWI), Mag. Dr. Claudia Kuretsidis-Haider, Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), Dr. Filip Gańczak, Institut für Nationales Gedenken, Warschau (IPN).
Moderation:
Dr. Andreas Kranebitter, Wissenschaftlicher Leiter des DÖW
Veranstalter:
Polnisches Institut Wien, Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien
Um Anmeldung bis spätestens 25. September wird gebeten. E-Mail: event.wien@instytutpolski.pl
Zeit:
26.09.2023, 18.30 Uhr
Ort:
Polnisches Institut Wien, am Gestade 7, 1010 Wien