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Workshop: Antisemitische und politische Netzwerke in der Zwischenkriegszeit

Zur Bedeutung informeller Machtstrukturen für die Radikalisierung in Österreich

Call for Papers

 

Workshop, 10. Juni 2021, Wien

Eine Kooperation des Karl-Renner-Instituts mit dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien

 

Die Erste Republik war geprägt von verdeckten Machtstrukturen, die sich gegen die mit der Republikgründung einhergehenden Veränderungen in Staat und Gesellschaft richteten. Diese ökonomisch und politisch motivierten Machtnetzwerke bildeten sich nicht nur in der österreichischen Parteienlandschaft ab, sondern manifestierten sich vor allem in Verbänden, Vereinen und Klubs, die etwa auch bei Postenbesetzungen intervenierten oder im Hintergrund in politischen Gerichtsprozessen eine Rolle spielten. Zentrale weltanschauliche Klammer war dabei der politische Antisemitismus, der über Parteigrenzen hinweg die Rhetorik prägte.

 

Hatten sich die historiografischen Blicke auf die Zwischenkriegszeit bisher allzu sehr auf politische Parteien, Institutionen und große Persönlichkeiten gerichtet, so gerieten in den letzten Jahren auch – zum Teil geheime – Netzwerke stärker in den Fokus. Neue Forschungen zum "Deutschen Klub", der von 1908 bis 1939 in Wien bestand, sollen Ausgangspunkt des Workshops sein, um diesen neuen Ansatz zu vertiefen.

 

Die mehr als 1000 bürgerlichen und meist akademischen Mitglieder dieses Vereins nahmen auf vielfältige Weise Einfluss auf politische Entwicklungen in den 1920er-Jahren und waren in den 1930er-Jahren maßgeblich an der nationalsozialistischen Unterwanderung Österreichs beteiligt. Nach dem "Anschluss" 1938 besetzten seine Mitglieder zahlreiche Spitzenpositionen. Doch schon davor, seit der Anfangsphase der Republik, gingen deutschnationale und christlichsoziale Kreise Kooperationen ein, insbesondere in Form des Geheimbundes "Deutsche Gemeinschaft", um wesentlichen Einfluss auf Postenbesetzungen im öffentlichen Dienst zu nehmen.

 

Ziel der Veranstaltung ist es, die Rolle informeller Strukturen in der österreichischen Zwischenkriegszeit und ihre Bedeutung für die zeithistorische Forschung herauszuarbeiten. Männer der politischen Elite nutzten diese Drehscheiben für den Austausch von antidemokratischen und antisemitischen Inhalten, um ihnen gesamtgesellschaftlich zum Durchbruch zu verhelfen. Diese Vereine und Klubs waren Orte außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung und gerade dadurch Umschlagplätze neuer rechter Ideen und Orte der Zusammenarbeit von Christlichsozialen, Deutschnationalen und Nationalsozialisten.

 

Hier zirkulierten hinter den Kulissen schon lange vor 1938 bzw. 1933 der Anschlussgedanke und der Wunsch nach dem Ende der Demokratie. Vor allem bemühte man sich in diesen Kreisen – im Sinne früher negative campaignings – ganz gezielt um Diskriminierung der linken, jüdischen oder freimaurerischen GegnerInnen. Dabei waren fast alle Mittel recht: von geheimen Vorsprachen und Interventionen bis hin zu öffentlichen Verleumdungskampagnen und z. B. dem Organisieren antisemitischer Protestaktionen und gewalttätiger Übergriffe. Im Zuge der Veranstaltung sollen folgende Themenfelder und Fragen im Vordergrund stehen:

 

  • Welche Funktion erfüllte die außer- und überparteiliche Vernetzung? Wer vernetzte sich hier? Und waren die antisemitischen, antidemokratischen und antifeministischen Konzepte inhärenter Vernetzungsgrund oder "nur" Teilzweck? Welche Funktionen erfüllten dabei Geld und Gewalt?
  • Welche Verbindungen finden sich zwischen diesen Vereinen/Klubs/Kreisen zu Parteien, Medien und Stiftungen (regional, national und transnational)?
  • Welche Kontinuitäten, inhaltlich wie personell, können nach 1933/1938/1945 beobachtet werden?
  • Welche Handlungsspielräume hatten Frauen und welche ergriffen sie?
  • Welche Kritik an den Strukturen wurde publik und mit welchen Folgen?

 

ForscherInnen werden eingeladen, sich in 20-minütigen Vorträgen mit diesen oder verwandten Fragestellungen auseinanderzusetzen.

 

 

BewerberInnen werden gebeten, Abstracts (max. Länge: 250 bis 300 Wörter) auf Deutsch sowie einen kurzen CV (max. bis 100 Wörter) bis 1. April 2021 mit dem Betreff "CfP Netzwerke der Zwischenkriegszeit" an Netzwerke.Zwischenkriegszeit.Zeitgeschichte@univie.ac.at zu senden.

 

Die BewerberInnen werden bis 15. April 2021 über die endgültige Entscheidung informiert. Die Übernachtungskosten (2 Nächte) in Wien werden übernommen, Reisekosten werden bis zur Höhe von 250 Euro für das preiswerteste Verkehrsmittel (i.d.R. Bahnfahrt 2. Klasse) erstattet. Für einen Vortrag werden 150 Euro Aufwandsentschädigung übernommen.

 

 

Kontakt

 

Dr. Linda Erker
Institut für Zeitgeschichte an der Universität Wien
linda.erker@univie.ac.at

 

Dr. Michael Rosecker
Karl-Renner-Institut
rosecker@renner-institut.at

 

 

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