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Wissenschaftspreise des Landes NÖ

Im Rahmen der Wissenschaftsgala am 13. Oktober 2016 in Grafenegg wurde das DÖW mit dem Würdigungspreis des Landes Niederösterreich ausgezeichnet.

 

Seit 1964 fördert das Land Niederösterreich herausragende Forscherinnen und Forscher, die durch ihre Arbeiten einen wesentlichen Beitrag zur wissenschaftlichen Eigenständigkeit des Landes leisten. Jedes Jahr werden Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen Würdigungs- und Anerkennungspreise verliehen. Die Würdigungspreise, die zur Würdigung eines wissenschaftlichen Gesamtwerks von überregionaler Bedeutung dienen, gingen an das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes und Thilo Sauter, Zentrum für Integrierte Sensorsysteme (ZISS) der Donau-Universität Krems.

Wissenschaftsgala 2016 (© NÖ Landespressedienst/Pfeiffer)

Landeshauptmann Erwin Pröll, Landesrätin Petra Bohuslav und Landesrätin Barbara Schwarz mit den Würdigungspreisträgern der Wissenschaftsgala 2016. Von links nach rechts: Gerhard Baumgartner, wissenschaftlicher Leiter des DÖW, Stephan Roth und Christine Schindler, die für das DÖW den Preis übernahmen, Barbara Schwarz, Thilo Sauter, Erwin Pröll, Petra Bohuslav.
© NÖ Landespressedienst/Pfeiffer

 

 

"Die aufgearbeiteten Wissensbestände und die umfassende Aufbereitung von Forschungsergebnissen für die Öffentlichkeit sind von hoher gesellschaftlicher Relevanz für Niederösterreich."

 

Rita GARSTENAUER (Geschäftsführerin des Zentrums für Migrationsforschung, St. Pölten) würdigte die Tätigkeiten des DÖW:

 

Mit dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes wird eine außergewöhnliche und in Österreich einzigartige Forschungseinrichtung geehrt. 1963, keine 20 Jahre nach Ende des NS-Regimes, wurde das DÖW gegründet. Der Initiator und langjährige Leiter, Herbert Steiner, hatte sich als jugendlicher Widerstandskämpfer der Verhaftung durch die NS-Behörden durch die Flucht nach Großbritannien entziehen können, wo er in der Jugendorganisation der österreichischen Emigration in England aktiv war. Das DÖW wurde in Zusammenarbeit mit den drei politischen NS-Opferverbänden und dem KZ-Verband gegründet. Überparteilichkeit ist eine der Qualitäten, die diese wichtige Forschungseinrichtung kennzeichnen und – neben der hohen Qualität der wissenschaftlichen Arbeit – deren Legitimität begründen. Die Arbeit des DÖW wird in seiner eigenen Darstellung mit drei Begriffen zusammengefasst: Erinnern, Erforschen und Erkennen.

 

Erinnern umfasst die dokumentarische Tätigkeit, Quellen zur Geschichte der NS-Verbrechen zusammenzutragen, zu bewahren und für die Forschung zugänglich zu machen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der biografischen Dokumentation. Die nationalsozialistischen Verbrechen sind nicht wie ein Naturereignis über die Gesellschaft hereingebrochen. Sie ereigneten sich, weil sie von Menschen ermöglicht und verübt wurden. Sie betrafen Menschen konkret, deren Handlungsmöglichkeiten und Lebenschancen gewaltsam abgeschnitten wurden, die sich dieser Gewalt aber auch widersetzten, selbst unter extremsten Bedingungen. Und nicht zuletzt bewegten sie Menschen aus eigenem Antrieb heraus zum Widerstand. Das DÖW nennt Namen, es dokumentiert Opfer, Täterinnen und Täter und jene, die Widerstand leisteten. Seine akribische dokumentarische Arbeit macht es möglich, die Geschichte des Nationalsozialismus als eine Geschichte von handelnden Menschen zu schreiben. Umfangreiche Datenbanken verzeichnen die Namen von jüdischen NS-Opfern, von Opfern der GESTAPO sowie aus politischen, weltanschaulichen oder sozialen Gründen Verfolgten, aber auch österreichische Stalinismus-Opfer und Teilnehmende am Spanischen Bürgerkrieg.

 

NS-Verbrechen zu erforschen ist die zweite tragende Säule des DÖW. Von seiner Gründung an bis heute ist das DÖW federführend in diesem Bereich der zeitgeschichtlichen Forschung. Zwei Prinzipien sind dabei leitend: die Orientierung an historischen Fakten und die Kontextualisierung der NS-Geschichte in der Zeit davor und danach. In der faktenorientierten Dokumentation und Forschung liegt die Bedeutung der Arbeit des DÖW für Niederösterreich. Mit der Reihe "Widerstand in den Bundesländern", die 1975 begonnen wurde, erfuhr auch Niederösterreich eine Fokussetzung, die 1987 mit dem entsprechenden Reihenband die erste Publikation hervorbrachte und seither laufend durch wichtige orts- und themenspezifische Forschungsarbeiten erweitert wird.

 

Der dritte Tätigkeitsbereich, Erkennen, ist wohl der umstrittenste: In diesen fällt die Vermittlung der Erkenntnisse in Ausstellungen und Gedenkstätten sowie die Beobachtung aktueller rechtsextremer Bewegungen und Aktivitäten in Österreich. Hier zeigt sich, wie die Stärken des DÖW zusammenwirken: zum einen die sachliche Akribie in Dokumentation und Forschung, zum anderen die konsequent überparteiliche Ausrichtung schaffen die Legitimität, die die Institution im Bereich von Vermittlung und Beobachtung aktueller Entwicklungen genießt. Auf Basis des Grundkonsenses einer Ablehnung des Nationalsozialismus beansprucht keine Widerstands- oder Opfergruppe die Deutungshoheit über die NS-Vergangenheit. Im Gegenteil: Als eine der ersten Institutionen begann beispielsweise das DÖW schon in den 1960er Jahren mit der Erforschung der Verfolgung österreichischer Roma und Sinti, einer lange Zeit von der Öffentlichkeit ignorierten Opfergruppe. Diese Pluralität der Perspektiven eröffnet einen Raum für Diskussion, in den nicht nur die Fachöffentlichkeit, sondern auch die Medien und die Besucherinnen und Besucher von Ausstellungen und Gedenkstätten einbezogen werden.

 

 

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