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Richard Wadani (1922–2020)

Wie kaum ein anderer verkörperte er Engagement und unermüdlichen Einsatz für die Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz – der Wehrmachtsdeserteur und Ehrenobmann sowie langjährige Sprecher des Personenkomitees "Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz" Richard Wadani starb in der Nacht zum 19. April 2020 in Wien im Alter von 97 Jahren.

Richard Wadani 

 

 

Zeitzeuge Richard Wadani im DÖW,
2. 2. 2016

Foto: DÖW / Johannes Eschner

 

 

 

 

 

Am 11. Oktober 1922 in Prag als Sohn österreichischer Eltern geboren, wuchs Richard Wadani in einem sozialdemokratisch geprägten Umfeld auf und gehörte als Kind den Roten Falken, dann dem Arbeiter-Turn- und Sportverband an. 1935 trat er dem Kommunistischen Jugendverband bei. Mit dem "Anschluss" 1938 wurden Wadani und seine Eltern deutsche Staatsbürger, Ende 1938 musste die Familie nach Wien übersiedeln. Ab Oktober 1939 Angehöriger der Deutschen Wehrmacht, war Wadani ab 1941 im Osten als Kraftfahrer der Luftwaffe im Einsatz; hier scheiterte 1942 ein erster Fluchtversuch. Nach seiner Kommandierung an die Westfront im Herbst 1944 konnte er am 16. Oktober zu den westlichen Alliierten überlaufen und schloss sich in der britischen Gefangenschaft einer tschechoslowakischen Freiwilligen-Brigade im Rahmen der britischen Armee an. Nach Kriegsende kehrte er im November 1945 nach Wien zurück. Politisch – mit Schwerpunkt Sport und Sportpolitik – und beruflich engagierte er sich nun in der KPÖ, bis er nach der Niederschlagung des "Prager Frühlings" 1970 aus der Partei austrat. In der Folge war Wadani bis zu seiner Pensionierung 1984 an der Bundeslehranstalt für Leibeserziehung tätig.

 

Noch Jahrzehnte nach Kriegsende wurden Kriegsdienstverweigerer und Wehrmachtsdeserteure als "Verräter" und "Feiglinge" gebrandmarkt – auch Richard Wadani war solchen Anfeindungen immer wieder ausgesetzt. Als in den 1990er-Jahren eine öffentliche Auseinandersetzung um die Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz einsetzte, war Wadani von Beginn an eingebunden. Insbesondere Initiativen von Seiten der Grünen führten 1999 zu einem Beschluss des österreichischen Nationalrats (gegen die Stimmen der FPÖ) betreffend die "Rehabilitation der Deserteure der Wehrmacht". 2005 wurden im Rahmen des Anerkennungsgesetzes durch eine Novelle zum Opferfürsorgegesetz die Opfer der NS-Militärjustiz als NS-Opfer anerkannt. Seit Dezember 2009 schließlich ist das Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz in Kraft, mit dem alle Opfer der NS-Militärjustiz (ebenso wie der Erbgesundheitsgerichte und des Volksgerichtshofs) pauschal und umfassend rehabilitiert sind.

 

An dieser Entwicklung war Richard Wadani maßgelblich beteiligt – als Gründungsmitglied und erster Obmann des Personenkomitees "Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz", als Redner im Parlament und bei Demonstrationen und Kundgebunbgen ebenso wie als Zeitzeuge in Schulen und Universitäten und bei unzähligen Veranstaltungen. Auch als 2014 die Stadt Wien mit Unterstützung des Nationalfonds am Ballhausplatz das Denkmal für die Verfolgten der NS-Militärjustiz errichtete, war Wadani, der sich viele Jahre für ein Deserteursdenkmal eingesetzt hatte, einer der Redner bei der feierlichen Eröffnung.

 

Enthüllung Deserteursdenkmal, 2014

Richard Wadani als Redner bei der Enthüllung des Deserteursdenkmals auf dem Wiener Ballhausplatz, 24. 10. 2014
Foto: Winfried R. Garscha

 

Wadani wurde 2007 mit dem Ehrenzeichen der Republik Österreich für Verdienste um die Befreiung Österreichs ausgezeichnet. 2016 erhielt er gemeinsam mit seiner Frau Linde den Menschenrechtspreis der Österreichischen Liga für Menschenrechte, 2017 den Demokratiepreis des österreichischen Parlaments. In der 2015 erschienenen Publikation "Da habe ich gesprochen als Deserteur." Richard Wadani. Eine politische Biografie gehen Lisa Rettl und Magnus Koch ausführlich auf Wadanis Lebensweg ein.

 

 

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Rezension

Mitteilungen 225 / März 2016 (S. 10 f.)
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