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Irma Trksak (1917–2017)

Die Widerstandskämpferin, Überlebende des KZ Ravensbrück und engagierte Zeitzeugin Irma Trksak starb am 11. Juli 2017 im Alter von 99 Jahren.

 

Irma Trksak wurde am 2. Oktober 1917 in Wien als Kind einer Arbeiterfamilie geboren und wuchs in einem sozialdemokratisch geprägten Umfeld auf. Die Familie gehörte der großen und gut vernetzten Wiener tschechoslowakischen Volksgruppe an. Irma Trksak besuchte das tschechische Komensky-Realgymnasium und absolvierte nach der Matura (1936) eine einjährige pädagogische Ausbildung in Prag. 1937 bis 1939 unterrichtete sie an einer tschechischen Volksschule in Wien, später begann sie an der Universität Wien Slawistik zu studieren.

 

Bald nach dem "Anschluss" 1938 bildeten sich mehrere Widerstandsgruppen unter den Wiener Tschechen und Tschechinnen, nicht zuletzt aufgrund des gestiegenen Assimilierungsdrucks. Die größte dieser Gruppen war die – von der Gestapo Wien so bezeichnete – "Tschechische Sektion der KPÖ", der auch Irma Trksak angehörte. Während die Leitung dieser Organisation kommunistisch war, stammten die Mitglieder aus dem gesamten politisch linken Spektrum, viele kannten sich bereits seit Jahren aus dem tschechischen Arbeiter-Turnverein, in dem Trksak Vorturnerin für die Frauen war. Gemeinsam mit ihrem Freund Ludwig Stepanik (1918–1944, er nahm sich im Außenkommando des KZ Mauthausen Klagenfurt-Lendorf das Leben) war Irma Trksak an der Herstellung und Verbreitung von Flugblättern beteiligt. Die Gruppe verübte auch zahlreiche Brand- und Sprengstoffanschläge gegen Wehrmachtseinrichtungen, Trksak schilderte später:

 

"Wir haben in der Lobau und Schwechat Strohtristen und Getreidespeicher, die Militärgut waren, angezündet. Unter anderem haben wir auch einen Lagerplatz in Groß Enzersdorf niedergebrannt. [...] Die Idee [Alois] Houdeks [1906–1943] war es, uns zu diesen Aktionen immer als Liebespaar loszuschicken. Mein Partner war Edgard Diasek [1909–1941]. Wir fuhren mit der Straßenbahn – als Liebespaar getarnt – ins Grüne, und während wir einander küssten, versuchten wir den Zündapparat zu installieren. Wenn es nicht so ein ernstes Unterfangen gewesen wäre, hätten wir manchmal vor Lachen nicht agieren können, da wir schon einiges schauspielerisches Talent brauchten, um einerseits den Zündkörper heimlich so anzubringen, dass er auch funktionierte, andererseits uns fröhlich und verliebt in die Arme zu sinken. Wir wollten mit diesen Aktionen die Bevölkerung aufmerksam machen und dem Regime zeigen, dass nicht alle in diesem Land mit dieser Regierung einverstanden waren. Aber wir haben niemals Menschenleben gefährdet."
Zit. aus: Cécile Cordon, Ich weiß, was ich wert bin! Irma Trksak – Ein Leben im Widerstand, Wien 2007, S. 61 f.

 

Irma Trksak

Erkennungsdienstliche Aufnahme von Irma Trksak, September 1941
Foto: Wiener Stadt- und Landesarchiv

 

Nachdem die Gruppe Kontakte zur zentralen Leitung der KPÖ und damit zum V-Mann der Gestapo Wien Kurt Koppel ("Ossi") aufgenommen hatte, setzten Anfang September 1941 die Verhaftungen ein. Irma Trksak wurde am 29. September 1941 festgenommen. 20 sogenannte "Haupttäter" wurden am 6. November 1941 im Rahmen einer "Sonderbehandlung" im KZ Mauthausen erschossen, Trksak und weitere Wiener Tschechinnen wurden nach rund einem Jahr Haft in das KZ Ravensbrück überstellt, wo sie am 2. Oktober 1942 eingewiesen wurden. Trksak musste dort u. a. im Siemenslager Zwangsarbeit leisten, Anfang 1945 wurde sie in das Jugendkonzentrationslager für Mädchen und junge Frauen Uckermark strafversetzt. In einer Vernichtungsstätte auf dem Gelände dieses Lagers wurden von Jänner bis April 1945 circa 5000 weibliche Häftlinge ermordet. Mit Unterstützung eines Ravensbrücker Funktionshäftlings konnte Irma Trksak in den ersten Apriltagen wieder in das Stammlager Ravensbrück zurückkehren, am 29. April 1945 gelang ihr die Flucht von einem "Evakuierungsmarsch". Als sie Ende Mai/Anfang Juni 1945 Wien erreichte, musste sie vom Tod ihrer beiden Brüder erfahren: Jan (Johann) Trksak war 1944 im KZ Mauthausen umgekommen, Stefan Trksak an der Front gestorben.

 

1947 sagte Irma Trksak als Zeugin in den Hamburger Ravensbrück-Prozessen aus. Im selben Jahr gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern der österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück, für die sie 1984 bis 2005 als Sekretärin tätig war. Trksak, langjähriges Mitglied des Internationalen Ravensbrück-Komitees, war auch von Anbeginn an im KZ-Verband aktiv; 1945 bis 1968 gehörte sie der KPÖ an. Trksaks Lebensweg beschrieb Cécile Cordon 2007 in der Publikation Ich weiß, was ich wert bin! Irma Trksak – Ein Leben im Widerstand.

 

Eine ausführliche Würdigung Irma Trksaks ist im Jahrbuch des DÖW 2005 erschienen: Hemma Mayrhofer, "Bis zum letzten Atemzug werde ich versuchen dagegen anzukämpfen". Irma Trksak – ein Lebensweg des Widerstehens. (>> Download)

 

 

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