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Heidemarie Uhl (1956 – 2023)

Am 11. August 2023 ist Heidemarie Uhl nach kurzer Krankheit verstorben. Als Senior Research Associate forschte sie am Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, wo sie den erst kürzlich neu geschaffenen Schwerpunkt zu Antisemitismusforschung leitete. Ihre Forschungsschwerpunkte lagen in den Bereichen Memory Studies (Gedächtniskultur und Geschichtspolitik) mit Fokus auf Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg, Holocaust, österreichische Zeitgeschichte im europäischen Kontext sowie Kultur und Identität in Zentraleuropa um 1900.

Niemand prägte die Erforschung der Erinnerungskultur(en) und Denkmallandschaften in Österreich mehr als Heidemarie Uhl. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem wesentlichen, aber lange Zeit vernachlässigten Aspekt der Nachkriegsgeschichte führte in den vergangenen Jahrzehnten zu zahlreichen Kooperationen zwischen Uhl und dem DÖW im Rahmen mehrerer Projekte und Veranstaltungen.

So zeichnete Heidemarie Uhl verantwortlich für den Themenschwerpunkt „Erinnerungskultur“ in der ständigen Ausstellung des Dokumentationsarchivs. In den 1990er Jahren wurde im DÖW mit einer umfangreichen Materialsammlung für das Projekt „Gedenken und Mahnen“ begonnen, das Uhl von Anfang an begleitet hat. Ziel war es, die österreichische Erinnerungskultur im Hinblick auf die Themen Widerstand und Verfolgung 1934-1938 und 1938-1945, Exil und Befreiung nach 1945 zu dokumentieren. Federführend war der damalige Bibliothekar des DÖW, Herbert Exenberger (1943–2009), der 1998 gemeinsam mit Heinz Arnberger und Claudia Kuretsidis-Haider die vom DÖW herausgegebene Publikation Gedenken und Mahnen in Wien veröffentlichte. 2011 legten Heinz Arnberger und Claudia Kuretsidis-Haider den Band Gedenken und Mahnen in Niederösterreich vor, in dem Heidemarie Uhl das Vorwort verfasste (online unter: https://www.doew.at/cms/download/cpj0b/gum_uhl.pdf). Darin konstatierte sie:

„In Denkmälern und anderen öffentlichen Erinnerungszeichen verschränken sich Geschichte und Gedächtnis, historisches Ereignis und gegenwärtige Sinnstiftung. Denkmäler zielen einerseits darauf ab, Ereignisse und Personen dauerhaft im kollektiven Gedächtnis zu bewahren, andererseits gibt ihre Errichtung, Widmung und Gestaltung Auskunft über die Deutung der Vergangenheit in der jeweiligen Gegenwart. […] Als öffentliche Zeichensetzungen (und zumeist auf öffentlichem Grund errichtet) machen sie sichtbar, wie Kollektive ihre Vergangenheit interpretieren, auf welche historischen Bezugspunkte sich das Selbstverständnis einer Gesellschaft bezieht.“

Der erinnerungspolitischen Deutung der Vergangenheit in der jeweiligen Gegenwart hat Heidemarie Uhl ihr umfangreiches wissenschaftliches Schaffen gewidmet.

Die Mitarbeiter*innen des Dokumentationsarchivs verlieren mit ihr nicht nur eine herausragende Kollegin, deren Anliegen immer auch die Förderung und Unterstützung angehender Wissenschafter*innen gewesen ist, sondern auch eine Freundin unserer Institution. Oft hat sie in unseren Beständen recherchiert. Trotz ihrer zahlreichen Agenden hat sie immer Zeit für ein persönliches oder fachliches, in jedem Fall inspirierendes Gespräch gefunden. Wir werden sie und ihre stets freundliche, bescheidene und fröhliche Art sehr vermissen.

 

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