Ein Nachruf von Brigitte Bailer
Mit Heinrich Keller (1940–2025) verliert das DÖW nicht nur ein langjähriges und verdientes Mitglied des Vorstandes und des Stiftungsrates, sondern auch einen aufrichtigen und unseren Anliegen gegenüber stets solidarischen Freund. Insbesondere in unseren Auseinandersetzungen mit dem Rechtsextremismus stand er uns stets hilfreich zur Seite.
Heinrich Keller wurde 1940 in Wien geboren und studierte hier an der Universität Rechtswissenschaften. Früh schloss er sich der Sozialdemokratie an und verband sein politisches Engagement mit seiner juristischen Expertise. Als Sekretär und Pressereferent von Justizminister Christian Broda konnte er dessen gesellschaftspolitisch bedeutende Justizreform mitgestalten. Später wirkte er als Abgeordneter im Bundesrat, anschließend im Nationalrat und zwei Jahre auch als Zentralsekretär der SPÖ.
Er war einige Jahre auch als Richter und Staatsanwalt tätig, bevor er sich 1983 als selbständiger Rechtsanwalt etablierte. In dieser Funktion unterstützte er das DÖW in vielfältiger Weise. Bei Fragen und Problemen mit gerichtlichen Schritten, die Rechtsextreme gegen das DÖW einleiteten oder androhten, stand er als verlässlicher Partner stets mit Rat und Tat zur Verfügung und übernahm unsere, wie es im Juristendeutsch heißt, „rechtsfreundliche Vertretung“.
Dazu ein Beispiel aus der persönlichen Erinnerung der Verfasserin: 1993 präsentierte das DÖW sein „Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus“ mit einem Bild Jörg Haiders vor der Reichskriegsflagge, einem von deutschen Neonazis benutzten Symbol, das allerdings in Österreich nicht unter das Abzeichengesetz fällt. Vorsichtigerweise hatten wir auch Heinrich Keller auf das Podium im Presseclub Concordia gebeten. Kaum hatte Wolfgang Neugebauer, damals Leiter des DÖW und wesentlicher Mitautor, zu sprechen begonnen, sprang ein Abgesandter der FPÖ auf und erklärte das Buch für beschlagnahmt. Heinrich Keller erwiderte ihm ruhig, dass so ein Vorgang nur nach Zustellung des entsprechenden Beschlusses gelte. Wir konnten dank seiner Hilfe die Pressekonferenz fortsetzen, der FPÖ-Mann nahm betreten Platz und die mediale Aufmerksamkeit sicherte der Publikation einen Platz in den Bestsellerlisten.
Als Ende der 1980er Jahre österreichische Neonazis, einem internationalen Trend folgend, auf unverschämte und für die Opfer des Nationalsozialismus zutiefst beleidigende Weise den Holocaust öffentlich leugneten, wurden juristische Möglichkeiten zur Unterbindung dieser Agitation gesucht. An diesen Debatten beteiligte sich Heinrich Keller aktiv und aus tiefster Überzeugung.
In welcher Funktion auch immer, war es Heinrich Keller ein Anliegen, Rechtsextremismus und Neonazismus mit den Mitteln der politischen Bildung ebenso wie mit seinem Werkzeug, den Gesetzen, zu bekämpfen. Er gehörte seit 1990 dem Vorstand des DÖW an, den er einige Jahre später auch im Sitftungsrat vertrat. Diese Funktionen übte er bis zuletzt aus und beteiligte sich an den Sitzungen und Diskussionen, so lange es seine Gesundheit zuließ.
Das DÖW verdankt Heinrich Keller sehr viel. Wir werden ihn als Menschen, als Juristen und Freund vermissen und ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.