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Hilde Fein (1929-2014)

Hilde Fein, Zeitzeugin, langjährige Freundin des DÖW und Witwe des Buchenwald-Überlebenden und Bundessekretärs des KZ-Verbands Erich Fein, starb am 21. April 2014 im 85. Lebensjahr.

 

HIlde Fein 

 

 

 

Hilde Fein, 2009

Foto: DÖW

 

 

 

 

 

 

Hilde Fein, am 23. Oktober 1929 als Hilde Mattes geboren, wuchs in Ratzersdorf bei Sankt Pölten auf. Nach dem "Anschluss" 1938 war sie rassistischen Diskriminierungen ausgesetzt. Während ihre (jüdische) Mutter aufgrund ihrer Ehe mit einem Nicht-Juden vor der Deportation geschützt war, wurden Hilde Feins Großeltern Mathilde und Wilhelm Gelb im Oktober 1941 in das Ghetto Litzmannstadt (Lodz) deportiert. Beide wurden Opfer der Shoah. Später erinnerte sich Hilde Fein an ihre Kindheit und Jugend:

 

"In der Nazi-Zeit galt ich auf Grund der Nürnberger ('Rassen')-Gesetze als "Mischling 1. Grades”. Meine Familie lebte in Ratzersdorf bei Sankt Pölten, die Mutter war Jüdin. So erlebte ich als Kind (geb. 1929) viele Grausamkeiten dieser Zeit wie die Verhaftung meines Großvaters und der beiden Brüder meiner Mutter am 10. November 1938. Das Gemischtwarengeschäft der Großeltern wurde geschlossen, das Haus zwangsverkauft und die beiden nach Wien umgesiedelt. Schließlich erfolgte ihre Deportation in das Ghetto Litzmannstadt (Lodz). Sie kamen nicht mehr zurück. Für ihre Brüder konnte meine Mutter Ausreisepapiere besorgen und nach oftmaliger Vorsprache bei der Gestapo ihre Entlassung aus dem KZ Dachau bewirken. Beide konnten schließlich über Umwege in die Schweiz ausreisen, wo sie in einem Arbeitslager überlebten. Ich selbst wurde praktisch überall ausgeschlossen. Nur wenn der Schulchor in der Kirche sang, durfte ich auf Grund des Einverständnisses des Pfarrers mit dabei sein. Der Besuch einer höheren Schule war mir nicht erlaubt. Mir wurde aber auch die Hauptschule verwehrt, weil die Eltern der dortigen Schüler per Unterschrift meinen Besuch beeinspruchten. So verblieb ich in der Volksschule, wo ich unter Direktor Josef Buchinger keinen Anfeindungen ausgesetzt war. Nach der achten Klasse 'durfte' ich bis Mitte 1944 das so genannte Pflichtjahr absolvieren und nach langer Suche stellten mich die Flugtechnischen Werkstätten in Sankt Pölten als industriekaufmännischen Lehrling ein.
Für mich war die Befreiung 1945 wirklich eine Befreiung. Als ich den ersten sowjetischen Soldaten auf einem Pferd über die Felder kommen sah und am Sankt Pöltner Domturm eine weiße Fahne wehte, lief ich zu meinem Vater und fragte: 'Sind wir jetzt auch wieder Menschen?' - 'Ja, jetzt ist es vorbei', antwortete er."

Aus: Erich Fein, Die Erinnerung wach halten. Widerstand & Verfolgung 1934-1945 und der Kampf um Anerkennung und Entschädigung der Opfer, hrsg. von Herbert Exenberger, Hilde Fein und Albert Dlabaja unter Mitwirkung von Heinz Arnberger, Winfried R. Garscha und Gustav Spann im Auftrag der österreichischen KZ-Vereinigung Buchenwald, Wien 2008, S. 117.

 

Nach der Befreiung 1945 trat Hilde Fein der Gesellschaft zur Pflege der kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Sowjetunion (später Österreichisch-Sowjetische Gesellschaft ÖSG) bei, für die sie in der Folge auch beruflich tätig war. 1954 heiratete sie den Widerstandskämpfer Erich Fein (1909-1983), der 1975 mit der Publikation Die Steine reden Gedenkstätten des österreichischen Freiheitskampfes dokumentierte. Nach dessen Tod war Hilde Fein in der österreichischen KZ-Vereinigung Buchenwald aktiv und bemühte sich u. a. um die Publizierung noch unveröffentlichter Texte Erich Feins:

 

"Die Arbeiten meines Mannes an dem geplanten Buch über die österreichischen Häftlinge im KZ Buchenwald erlebte ich aus nächster Nähe mit. Nach seinem Tod war es mir ein Bedürfnis, eine Möglichkeit zu finden, dass diese Arbeit fertig gestellt und veröffentlicht wurde. Karl Flanner, auch ein ehemaliger 'Buchenwalder', hatte sich bereit erklärt, diese Aufgabe zu übernehmen, sodass 1987 das Buch 'Rot-weiß-rot in Buchenwald' im Europa-Verlag erscheinen konnte."

Aus: Fein, Die Erinnerung wach halten, S. 118.

 

Den Nachlass Erich Feins übergab Hilde Fein dem DÖW zur wissenschaftlichen Aufarbeitung (Sammlung Erich Fein). 2008 war sie Mitherausgeberin von Texten Erich Feins (Erich Fein, Die Erinnerung wach halten. Widerstand & Verfolgung 1934-1945 und der Kampf um Anerkennung und Entschädigung der Opfer).

 

 

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