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Wegsman, Adolf

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Вегсман Адольф Александрович

Geboren: 30.05.1887, Brody (Ostgalizien)

Beruf: Jurist

Letzter Wohnort in Österreich: Wien

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 1923

Wohnorte in der Sowjetunion: Nikol'sk-Ussurijskij (Primorskaja obl.), Dubno, Moskau, Kašira (Moskovskaja obl.)

Verhaftet: 17.02.1938, Kašira

Anklage: antisowjetische Agitation

Urteil: 10.06.1938, Sonderberatung (OSO), 10 Jahre Lagerhaft

Rehabilitiert: 31.08.1989, Staatsanwaltschaft des Moskauer Gebiets

Emigrationsmotiv: wirtschaftliche Emigration

Schicksal: unbekannt

 

Adolf Wegsman (der Name liegt nur in russischen Quellen vor, er könnte auch Wexmann lauten) wurde 1887 in Brody (nordöstlich von Lemberg) als Sohn eines jüdischen Lehrers namens Alexander Kranz und einer deutschen Mutter, die als Taglöhnerin arbeitete, in einer kinderreichen Familie geboren. Als Assistent eines Anwalts erhielt er eine juristische Ausbildung und legte extern Prüfungen ab. Er arbeitete dann in Brody als Sachbearbeiter und Anwalt. Am 1. August 1914 wurde er in die k.u.k. Armee eingezogen. Bereits im Oktober 1914 geriet er in russische Kriegsgefangenschaft. Bis 1916 war er bei Nikol'sk (Ussurijsk) im Fernostgebiet interniert, wurde dann nach Kašira, südlich von Moskau, verlegt. 1918 bis 1920 arbeitete er als Lehrer an einem Gymnasium in Kašira und unterrichtete Deutsch und Englisch. 1920 entschloss er sich zur Rückkehr in die Heimat und gelangte über Kiev nach Brody. Die polnische Polizei in Brody verhängte über Wegsman ein Reiseverbot. Als die Rote Armee Ende 1920 Brody besetzte, erhielt er von der ČK (politische Polizei) die Erlaubnis zur Übersiedlung nach Russland, zuerst nach Dubno, dann nach Moskau, von wo er wieder nach Kašira zog und als Leiter eines Kinderheimes arbeitete.

 

Im Herbst 1922 fuhr er zusammen mit anderen Kriegsgefangenen und mit Unterstützung der österreichischen Gesandtschaft nach Wien, wohin in der Zwischenzeit seine erste Frau und seine Tochter übersiedelt waren. Sein Schwager verschaffte ihm in Wien eine Arbeit als Zusteller von Ansichtskarten. Wegen der schlechten Bezahlung beschloss er, wieder nach Russland zu übersiedeln. Die polnische Gesandtschaft in Wien stellte ihm einen Pass aus, laut dem jedoch die Einreise in die UdSSR untersagt war.

 

Über Deutschland und Lettland konnte Wegsman nach Russland reisen, wo er sich wieder in Kašira niederließ und unter anderem als Versicherungsagent tätig war. Ab 1920 war er mit Dina Chalfin (Дина Борисовна Халфин), Ärztin im Krankenhaus von Kašira, in zweiter Ehe verheiratet. 1930 begann er als Dolmetscher im nahen Wärmekraftwerk, in dem viele deutsche Spezialisten beschäftigt waren, zu arbeiten. 1926 nahm er die sowjetische Staatsbürgerschaft an, trotzdem konnte er 1928 noch einmal nach Wien reisen, um seine Tochter nachzuholen, was jedoch nicht gelang, weil sie kein Visum erhielt oder - nach anderen Angaben - in Wien bleiben wollte.

 

Als Wegsman am 17. Februar 1938 in Kašira verhaftet wurde, war er seit einigen Monaten arbeitslos. Obwohl es freie Stellen gab, wurde er abgelehnt, offensichtlich wegen seiner ausländischen Abstammung, worüber er sich sogar beim NKVD beschwerte. Die Anklage warf ihm in erster Linie antisowjetische Agitation vor. Im Kraftwerk Kašira habe es eine antisowjetische Sabotageorganisation aus mehreren Dutzend Personen gegeben, einige davon aus Deutschland stammende Mitarbeiter der Firma Siemens & Schuckert. Wegsman habe zu diesen Leuten Kontakt gehabt und ihre antisowjetischen Ansichten geteilt. Er wurde am 10. Juni 1938 zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt.

 

In einer aus einem Lager bei Perm' am 20. Februar 1939 an die Staatsanwaltschaft gerichteten Beschwerde bestand Wegsman auf seiner Unschuld, einige belastende Aussagen im Protokoll seien ohne sein Wissen später hinzugefügt worden. Der Beschwerde wurde nicht stattgegeben. Wegsmanns weiteres Schicksal ist nicht bekannt.

 

 

Quelle: GARF, lists.memo.ru

 

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