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Wagner, Karl (Jg.1898)

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Вагнер Карл

Geboren: 18.02.1898, Itzling (Salzburg)

Beruf: Schmied

Letzter Wohnort in Österreich: Salzburg

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 24.11.1935

Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau

Verhaftet: 03.01.1938, Moskau

Anklage: Spionage

Urteil: 19.10.1940, Sonderberatung (OSO), 8 Jahre Lagerhaft; 01.02.1941, Sonderberatung (OSO), Ausweisung

Rehabilitiert: 16.01.1989, Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR

Emigrationsmotiv: Schutzbund-Emigration

Schicksal: an Nazi-Deutschland ausgeliefert

 

Karl Wagner wurde 1898 in Itzling geboren, das damals noch nicht Teil der Stadt Salzburg war. Er stammte aus einer sozialdemokratischen Eisenbahnerfamilie und hatte elf Geschwister, von denen aber nur vier die ersten Jahre überlebten. Wagners Vater wurde 1898 wegen politischer Betätigung strafweise in ein Dorf in Vorarlberg versetzt, wo die antiklerikal erzogenen Kinder im konservativ-katholischen Milieu als Ausgestoßene behandelt wurden. Nach Beendigung seiner Lehre als Schmied ging Karl Wagner zu den ÖBB. Nach Lohnkonflikten vor ein Disziplinargericht gestellt, fürchtete er eine Bestrafung und meldete sich freiwillig zum Militär. Aufgrund von schweren Verletzungen an der Front 1916 verbrachte er die Jahre bis 1918 im Spital. In der Folge wurde er als militärdienstuntauglich aus der Armee entlassen. Er besuchte die Verkehrsschule der ÖBB für Kriegsbeschädigte in Wien und arbeitete in verschiedenen Dienststellen der Eisenbahn. 1919 trat er der SDAP bei, vertrat jedoch immer wieder kritische Positionen gegenüber den Funktionären. In der Eisenbahnergewerkschaft war er Mitglied der erweiterten Zentralleitung und wurde 1927 sowie 1933 wegen Streikbeteiligung verhaftet. Im Schutzbund leitete Wagner in Salzburg die Abteilung der Eisenbahner- und Telegrafenordner sowie den Nachrichtendienst. Am Ausbau des internen Radionetzes des Schutzbundes war er führend beteiligt. Mehrmals wurde gegen ihn Anklage erhoben, u.a. wegen Waffenschmuggels. Im Oktober 1933 wurde Wagner wegen Aufwiegelei und der Weigerung, der Vaterländischen Front beizutreten, aus dem ÖBB-Dienst entlassen.

 

Im Februar 1934 war er an Sabotageakten in Salzburg beteiligt, beispielsweise wurden Heizwerke in Salzburg blockiert; die versuchte Entgleisung des Nachtschnellzuges Wien - Salzburg misslang. Als ein Kopfgeld von 2000 Schilling für die Aufdeckung der Sabotageakte ausgelobt wurde, flüchtete Wagner am 18. Februar 1934 in die ČSR. Dort begann er die politische Arbeit der Sozialdemokraten zu sabotieren und näherte sich der KPÖ an. Er war dann für die KPÖ tätig, bis er im November 1935 mit Zustimmung der Partei nach Russland emigrierte.

 

Im Auftrag von Richard Uccusic (Urban) begann Wagner, im Hotel Balčug die österreichischen Schutzbündler zu überwachen. Einige hielten ihn für einen NKVD-Spitzel, andere für einen Gestapo-Agenten. Auch Ernst Fischer hielt Wagner für einen Provokateur und wollte ihn und seinen Gehilfen Josef Fahrner vor die IKK (Internationale Kontrollkommission - das Schiedsgericht der Komintern) bringen und aus der UdSSR ausweisen lassen. Dazu kam es nicht, weil Wagner für den NKVD arbeitete und seinem Führungsoffizier wöchentlich Bericht erstatten musste. Für seinen Lebensunterhalt kam die MOPR auf. Die Agententätigkeit gestand Wagner gegenüber der Moskauer KPÖ-Leitung ein, außerdem auch, dass die Geheimpolizei kompromittierendes Material über Ernst Fischer und Johann Täubl sammelte. Wagner bat Fischer, ihn nach Hause schicken zu lassen, um sich von den Verpflichtungen gegenüber dem NKVD zu befreien. Über alle diese Vorgänge berichtete die Komintern-Kaderleitung dem zuständigen NKVD-Mitarbeiter Poljaček.

 

Am 3. Jänner 1938 wurde Wagner verhaftet. Bei einer Sitzung des Moskauer Militärtribunals am 16. Dezember 1939 sagte Wagner: "Zur vorgelegten Anklage bekenne ich mich nicht schuldig, da ich alle Aussagen unter physischer Einwirkung (Folter) des Untersuchungsrichters und nach dessen Diktat geschrieben habe. Deshalb erachte ich meine Aussage, die ich in der Voruntersuchung unter physischer Einwirkung machte, als unrichtig." Das Militärtribunal leitete den Strafakt zur Nachuntersuchung weiter. Die am 19. Oktober 1940 verhängte achtjährige Lagerstrafe wurde am 1. Februar 1941 in eine Landesverweisung umgewandelt.

 

Wagner wohnte später in Vöcklabruck in Oberösterreich. Paula Wagner, mit der er seit 1932 verheiratet war, erkrankte in Moskau schwer und konnte nur zeitweise arbeiten. Nach der Verhaftung ihres Mannes arbeitete sie als Maschinenstrickerin in einer Trikotagenfabrik außerhalb Moskaus, kehrte indes kurz nach dem Hitler-Stalin-Pakt in die "Ostmark" zurück. Diesbezüglich kontaktierte sie die KPÖ-Leitung, die dagegen keine Einwände hatte.

 

 

Quelle: Parteiarchiv der KPÖ, RGASPI

 

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