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Valentin Dobeitz: Ischias

Valentin Dobeitz (Jovo), geb. 1908 in Loibegg/Belovče, Arbeiter, ab Februar 1943 bei den Kärntner PartisanInnen.

Verstorben 1994.

 

 

Im Februar 1943 bin ich zu den Partisanen gegangen. Ich war auf Urlaub und meine Frau hat für mich über einen Bauern die Verbindung hergestellt, dort musste ich mich melden. In der Früh, gegen drei Uhr, bin ich aus dem Haus und zu diesem Bauern gegangen, dort bin ich zwei Tage im Heu gelegen und habe auf die Verbindung gewartet, dann erst ist der Kurier mich holen gekommen. Es war ja nicht leicht, mit den Partisanen Verbindung aufzunehmen. Die ersten sechs Monate kennst du dich sowieso nicht richtig aus. Zwei-, dreimal jeden Tag hatten wir Unannehmlichkeiten mit den švaba. Wenn sie uns nicht angriffen, dann griffen wir ihre Stellungen an. Wenn wir eine große Aktion vorhatten, dann wurde die ganze Brigade zusammengerufen, alle drei Bataillone, wir waren rund dreihundert Leute. Gewöhnlich zogen wir aber in kleineren Einheiten herum. Ich war zirka drei Wochen in der Mineur-Einheit. Wir sprengten Brücken, Geleise und solche Sachen, wir waren sechs oder sieben Leute.

 

Auf dem Pohor bekam ich dann Ischias in den Füßen. Wir sind ja hauptsächlich im Wasser gegangen, und das im Winter, vorwärts, rückwärts. Wenn du nicht in den Bergen oder im Wald gewesen bist, dann musstest du im Wasser gehen, du durftest nicht im Schnee waten, damit sie deine Spur nicht fanden, die erschossen dich ja gleich, du warst gezwungen, im Wasser zu gehen. Und dann musstest du die nassen Hosen immer an den Beinen trocknen lassen, anders ist es nicht gegangen - und so habe ich Ischias bekommen.

 

Vom Pohor bin ich über Umwege in das Krankenhaus im Matkov kot gekommen: Wir haben die švaba angegriffen, damals war unsere ganze Brigade beisammen, um neun Uhr am Abend haben wir mit dem Angriff begonnen, bis fünf Uhr am Morgen hat der Angriff gedauert. Dann ist die Brigade weitergezogen, der Jelen und ich haben zurückmüssen auf Patrouille. Die Zeit ist vergangen, den ganzen Tag ist uns niemand holen gekommen, wie eigentlich ausgemacht war, da sind wir beide auch weg. Wir marschierten die Straße entlang, in der Früh kamen wir nach Slovenj Gradec, vorbei an einer Stellung der švaba, aber wir beide wussten nicht einmal, wo wir waren. Du weißt es ja nicht, in einer unbekannten Gegend bei Nacht. Also sind wir zurück in den Wald, zurück auf den Pohor; wir kamen zu einer Holzhütte. Zwei Kühe waren im Stall, und dort lagen wir den ganzen Tag. Der Jelen ist gleich eingeschlafen, ich habe nicht einschlafen können, den ganzen Tag nicht. Bei meiner Seel, ich hatte Angst, der Stall lag am Weg, die Fuhrmänner benützten ihn und der Schnee lag bis zu den Knien. In der Nacht wieder hinunter nach Slovenj Gradec, wir mussten hinunter, sonst hätten wir uns von zu Hause entfernt. Das hatte ich erfahren, wo die Petzen liegt, so dass wir uns Richtung Heimat hielten, auf die Petzen zu. Bei Slovenj Gradec wieder über das Wasser, wir waten hindurch, dann über die Eisenbahnbrücke, dort war kein Posten, das war auch gut so. Ich glaube, die haben alle woanders im Hinterhalt auf uns gelauert, weil wir sie die Tage zuvor angegriffen hatten. Wir gehen durch den Wald, kommen zu einem Schuppen, da sehe ich, wie einer herausrennt und sich hinter den Stall zurückzieht. Ich sage zum Jelen: "švaba", ich renne los, der Jelen hinter mir her und zurück in den Wald, in dem Moment hat es schon gepfiffen, die haben hinter uns hergeschossen, aber es hat uns niemand getroffen. Der Jelen hat noch gesagt: "Vielleicht sind das Partisanen gewesen?" Ein Partisan wird ja nicht hinter uns herschießen, ein Partisan wird wirklich nicht auf einen Partisanen schießen. Hinauf und in den Wald und sofort weiter, weiter, und wir kommen zu einer Keusche. Ich klopfe an das Fenster, eine Frau fragt: "Wer da?" Wir melden uns, ich frage nach, wie wir Richtung Petzen gehen müssen, damit wir die Richtung Heimat beibehalten und uns nicht entfernen. Von dem Haus sind wir im Krebsgang weiter. Das haben sie uns immer wieder eingehämmert: auf das Gelände achten. Wenn Schnee liegt, darf man nicht vorwärts vom Haus weggehen, auch nicht vorwärts zum Haus, wenn man drinnen bleiben will.

 

Dann setzten wir unseren Weg fort, hinauf auf den Berg und wieder hinunter, wieder hinauf, und wieder hinunter ins Tal - die ganze Nacht durch. Bei Kotlje kamen wir hinunter, das ist bei Ravne. Ein bisschen abgelegen stand eine Keusche. Ich ging voraus, der Jelen hinter mir her, ich hatte eine Wehrmachtsuniform an. Im Haus hielt sich gerade ein Partisan auf, Tesar hieß er, der sprang beim Fenster hinaus und verschwand im Wald, als er uns sah - er dachte, wir wären švaba. Es war Faschingssonntag, die Leute waren gerade dabei, Krapfen zu backen. Zuerst wollten sie uns gar nicht glauben, dass wir Partisanen sind. Schließlich sind sie aber den, der beim Fenster hinausgesprungen war, doch in den Wald holen gegangen. Wie der froh war, als er gesehen hat, dass wir wirklich Partisanen waren! Er hatte sich auch verlaufen. Und dann hatten wir Krapfen in Fülle, Krapfen, Most und Läuse. So viel Läuse, dass das Gewand ganz weiß war. Jelen und ich übernachteten dort im Stroh, und in der Früh sind wir weiter. Der Tesar führte uns, er wusste, wo Kuriere waren.

 

Wegen meines Ischias kam ich in das Krankenhaus im Matkov kot. Das hat nicht jeder gewusst, wo diese Partisanenkrankenhäuser waren. Das Krankenhaus in Solčava kannten nur die Kuriere. Die haben die Verletzten hinaufgeführt, ansonsten war das streng geheim.

 

Vom Krankenhaus weg bin ich der technischen Abteilung als Kurier zugeteilt worden. Dort haben wir gedruckt. Der Silvo Kopitar hat gezeichnet, die Nina und die Ančka haben die Matrizen getippt. Boris und ich haben geholfen, wir haben die Flugblätter verteilt, das Papier gebracht und die Verpflegung organisiert.

 

Einmal führten wir selbst eine Aktion durch: Wir schlachteten bei einem Bauern, der ein kleiner švaba war und gegen uns, ein Schwein. Für diese Aktion hatten wir aber keine Erlaubnis, wir hatten niemanden darum gebeten und wären deswegen fast bestraft worden. Wir hätten zuerst den Gebietsausschuss der OF [Osvobodilna fronta - Befreiungsfront] fragen müssen, die hätten zu entscheiden gehabt, wo wir einen Ochsen, ein Schwein, ein Lamm oder so bekommen könnten. Der Vorsitzende des dortigen Ausschusses war ein Bauer, Per, der wurde später "ausgesiedelt", den hätten wir fragen müssen. Selber, auf eigene Faust, hast du das ja nicht dürften.

 

Unsere Hauptaufgabe war, die Flugblätter wegzubringen, hauptsächlich zu den anderen Kurieren, ein Kurier trifft ja den anderen, die haben ihre Treffpunkte, dort tauscht du. Die haben uns Papier gebracht - in der technischen Abteilung haben wir ja viel Papier gebraucht -, und wir haben ihnen das bedruckte Material gegeben.

 

Mit der technischen Abteilung war ich in drei Bunkern, die waren nur für die tehnika bestimmt, kein anderer hat hineindürfen. Als ich dazugekommen bin, gab es nur einen aus Rinde, den zweiten Bunker hatten wir im Felsen, da war ein großes Loch im Felsen, den dritten habe ich alleine gebaut, aus Holz, und der wurde angeblich gegen Ende des Krieges verraten. Gegen Ende des Krieges haben sie alle Bunker dort in der Gegend angezündet und die Partisanen, die drinnen waren, erschlagen. Alle haben sie gefunden, unseren nicht.

 

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