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Hans Bock: Alarmbereit

Hans Bock, geb. 1914 in Wien. Ab 1933 Bezirksobmann der Sozialistischen Arbeiterjugend Hernals, Teilnahme an den Februarkämpfen 1934, anschließend Tätigkeit für die Revolutionäre Sozialistische Jugend. Mehrfach verhaftet. 1939-1945 Wehrdienst.

 

Nach 1945 Mitbegründer der SPÖ-Bezirksorganisation Hernals, 1946-1949 Bezirksrat, 1948-1977 Landtagsabgeordneter und Gemeinderat, Ende 1970 Wahl zum Vizebürgermeister.

 

Verstorben 2002.

 

 

Ich war Mitglied des Schutzbundes, 1933 bin ich in die Alarmabteilung des Schutzbundes eingetreten. Die altersmäßig Jüngsten wurden in einer Alarmabteilung zusammengefasst und hatten einmal wöchentlich Wehrübungen.

 

Von näheren Details, von Plänen, die die Schutzbundführung gehabt hat, hatten wir wenig erfahren. Es wurde nur immer gesagt, wir müssen stets alarmbereit sein, falls die Heimwehr irgendwann zuschlägt. Es ging damals noch nicht um die Nationalsozialisten, es ging um die Heimwehr, die dem Schutzbund entgegengestanden ist. Es war immer wieder davon die Rede, dass es eines Tages dazu kommen könnte, dass wir die Demokratie verteidigen müssten. [ ...]

 

Wir haben aus den Zeitungsmeldungen, aus verschiedenen Äußerungen gewisser Funktionäre unmittelbar vor dem 12. Februar gewusst, es kann nicht mehr lange dauern, es wird zu einer Auseinandersetzung kommen. Uns jungen Schutzbündlern wurde gesagt, wenn die Straßenbahn nicht fährt, wenn die zu streiken beginnen, heißt es, zu den Alarmplätzen gehen, das ist der Beginn des Aufstandes. Ich war am 12. Februar zu Hause, denn ich war arbeitslos, und hörte, dass die Straßenbahn in Hernals stillsteht und die Straßenbahn aus der Remise nicht ausgefahren ist. Mein Bruder hatte gearbeitet, der war in der gleichen Alarmabteilung. Er ist sofort zu dem Sammelplatz gegangen. Das war bei der Gattin des ehemaligen Stadtrats Siegel im Türkenritthof. Nachdem ich als Jugendobmann noch versucht habe, den Wehrsport zu organisieren, bin ich zunächst nicht zu dem Stützpunkt hingegangen. Als ich mich dort melden wollte, kamen schon die Schutzbündler, Hände hoch, von der Stiege herunter und wurden von der Polizei abgeführt. Das war im Türkenritthof, wo dann auch Holy erschossen wurde.

 

Ich bin dann zurück zu den Wehrsportlern, wir haben uns in einer Gasse in Hernals versammelt. Es hat geheißen, wir kriegen noch irgendwelche Aufträge, die wir zu erfüllen hätten, eine Wachstube zu besetzen oder irgendetwas mehr, aber nachdem sämtliche Schutzbundkommandanten verhaftet wurden, blieben natürlich die Befehle aus. Wir wussten daher nicht, was wir tun sollten und sind in all diesen Tagen immer wieder zusammengekommen, haben versucht, die Verbindung aufrechtzuerhalten, haben aber schließlich eingesehen, dass in Hernals nichts mehr zu machen ist, und haben dann abgewartet, wie die Dinge weitergehen werden.

 

Am 20. Februar, nachdem man gesehen hat, dass es aus ist und die ersten Hinrichtungen begonnen haben, hat man versucht, mit anderen Bezirksleuten Kontakt aufzunehmen. Es wurde sehr rasch beschlossen, kleine Gruppen zu bilden, die eigentlich schon im 33er-Jahr irgendwie vorbesprochen waren. Man hat sich eigentlich in der Jugendbewegung schon im 33er-Jahr auf die Illegalität eingestellt, man hat schon Vorstellungen gehabt, wie man die illegale Organisation aufbauen wird, in 5er-Gruppen, 10er-Gruppen usw.

 

Schon durch das Verbot der Kommunistischen Partei, die bald nach dem Mai 1933 in die Illegalität gegangen ist, haben wir ein Beispiel gehabt. Wir wussten, wie man es machen soll, aber auch, wie man es nicht machen soll, die Regel der Konspiration musste erlernt werden, die Geheimhaltung, das Sich-Tarnen, war nicht so leicht, und es wurden am Anfang grobe Fehler gemacht. Aber wir haben uns schon im 33er-Jahr überlegt, wenn es zum Verbot kommt, dann werden wir uns illegal weiter betätigen. […]

 

Zunächst war die Situation so, dass man nicht gewusst hat, wie geht es weiter. Die zentralen Verbindungen waren alle zerschlagen, es war aber die Parole schon vorher ausgegeben worden, die Bezirke sollen - wenn alle Verbindungen abreißen - versuchen, sich einmal zu sammeln, bis irgendwer kommt oder bis eben Kontakt aufgenommen wird. Bei mir war es so, dass ich als SAJ-Obmann sofort daran gegangen bin, alle Funktionäre der SAJ [Sozialistische Arbeiterjugend], von denen ich wusste, dass sie bereit sind, in illegalen Gruppen weiter tätig zu sein, zu sammeln. Es ist sehr rasch gegangen, wir haben 50 bis 60 Leute sofort gehabt, die sich in kleinen Gruppen zusammengetan haben, bis von den RS [Revolutionäre Sozialisten], die damals gegründet wurden, ein Verbindungsmann, das war damals in Hernals Franz Olah, zu mir gekommen ist und gesagt hat, es wurden bereits die RS gegründet und ich suche jetzt die Verbindung, und man will auch die RSJ [Revolutionäre Sozialistische Jugend] organisieren, also die ehemaligen Jugendgruppen, und ich würde noch weitere Mitteilungen bekommen. Vorher hat sich bei mir auch ein kommunistischer Funktionär bemüht, Josef Lauscher, der dann später Gemeinderat bei der KP war, der mich überreden wollte, mit meiner Gruppe - er wusste, die ist schon gestanden im Bezirk - zur KP zu gehen. Obwohl wir damals noch keinen Kontakt hatten mit den Gründern der RS, haben wir diesen Verlockungen nicht nachgegeben.

 

Die Abfallquote zu den Kommunisten war bei den Jugendlichen eigentlich nicht sehr groß. In der Relation war sie bei den etwas älteren Vertrauensleuten und Funktionären größer, überhaupt bei einigen Schutzbündlern, die zur kommunistischen Bewegung damals übergetreten sind. Wenn ich die SAJ nehme, muss ich sagen, waren es fast gar keine, ein, zwei vielleicht, die zur kommunistischen Bewegung gegangen sind. Alle sind also bei der Gruppe geblieben und haben dann der RSJ angehört.

 

Das lag sicher an den Personen im Bezirk, die nicht so anfällig waren. Vielleicht war es auch der Umstand, dass sich in Hemals im 34er-Jahr nicht so viel getan hat wie in anderen Bezirken, wo die Verbitterung größer war, wo gekämpft wurde. Das hat sicherlich eine entscheidende Rolle damals gespielt. Vielleicht haben auch wir uns im Bezirk viel früher als andere Bezirke umgestellt auf die neue Situation in der IIlegalität. Das mag auch eine gewisse Rolle gespielt haben.

 

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