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Exlibris in der Bibliothek des DÖW

Buchgeschichten von Stephan Roth

Die Bibliothek des DÖW ist eine in den letzten 50 Jahren gewachsene Bibliothek. Viele der Bücher wurden nicht durch Kauf erworben, sondern stammen aus Schenkungen oder Nachlässen. Neben dem rein inhaltlichen Aspekt erzählen diese Bücher auch Geschichten über ihre VorbesitzerInnen, etwa über deren literarische oder politische Interessen, manchmal auch über deren Lebensschicksal.

 

Neben dem gängigen Einschreiben des Namens zur Kennzeichnung des Eigentums, sei es auf der Innenseite des Buchdeckels oder auf dem Schmutztitel, hat sich seit Erfindung des Buchdrucks das Einkleben von mehr oder weniger kunstvoll gestalteten Zetteln, den sogenannten Exlibris, etabliert.

 

Einen besonderen Höhepunkt erlebte die Kunst des Exlibris ab dem Ende des 19. Jahrhunderts, sei es als Holzschnitt, Kupferstich, Stahlstich oder Lithographie. Im Folgenden einige Beispiele aus der Bibliothek des DÖW.

 

 

TitelseiteExlibris 

 

FRIEDELL, Egon [Hg.]: Das Altenberg-Buch. Leipzig; Wien: Verlag der Wiener Graphischen Werkstätte 1922. 415 S.
(Signatur: 13989)

 

 

Dieses von Egon Friedell (1878-1938) herausgegebene und von Altenbergs Erben autorisierte Werk erschien 1922 drei Jahre nach dem Tod des bekannten Kaffeehausliteraten und stammt aus dem Nachlass von Hugo Gert Price (14. April 1906 - 198?), der als sozialdemokratischer Funktionär 1938 über die Schweiz und Frankreich in die USA flüchtete. Er vermachte seine Bibliothek - nicht zuletzt wegen seiner Freundschaft zu Herbert Steiner - dem DÖW.

 

 BuchcoverExlibris

BROD, Max: Jüdinnen. Berlin: Axel Juncker Verlag 1911. 270 S.
(Signatur: EX 21346)

 

 

 

 

 

Max Brod (1884-1968), dessen Werk zusehends in Vergessenheit gerät und der einer breiteren Öffentlichkeit vor allem als Nachlassverwalter von Franz Kafka bekannt ist, veröffentlichte diesen bei Kritikern umstrittenen Roman im Axel Juncker Verlag in Berlin, 1913 wechselte er zum neu gegründeten Kurt Wolff Verlag. Welcher Besitzer (männlich oder weiblich) sich hinter den am Exlibris befindlichen Initialen R. K. verbirgt, ist leider unbekannt.

 

 TitelseiteExlibris

Der Kampf. Sozialdemokratische Zeitschrift. Dreizehnter Band Jänner 1920 bis Dezember 1920. Wien: Verlag von Georg Emmerling 1920. 472 S.
(Signatur: 4014)

 

 

1907 gründete Otto Bauer gemeinsam mit Karl Renner und Adolf Braun die Monatsschrift Der Kampf als theoretisches Organ der Sozialdemokraten in Österreich. Der Kampf erschien von 1907 bis zum Februar 1934 in Wien, nach dem Bürgerkrieg wurde die Produktion in die demokratische Tschechoslowakei verlegt und bis zum April 1938 illegal in Österreich vertrieben. Nach dem "Anschluss" erschien die Zeitschrift unter dem Titel Der sozialistische Kampf - La lutte socialiste in Paris.

Der vorliegende Jahresband stammt aus dem Besitz von Otto Felix Kanitz (1894-1940), der ab 1911 bei den sozialdemokratischen Kinderfreunden tätig war und 1919 die erste Kinderrepublik in Gmünd (NÖ) gründete. Von 1932 bis 1934 gehörte er dem Bundesrat an. Er wurde im November 1938 von der Gestapo verhaftet und im September 1939 in das KZ Buchenwald überstellt. Dort wurde er Ende März 1940 ermordet.

 

 Titelseite

Protokoll des III. Kongresses der Kommunistischen Internationale. Moskau, 22. Juni bis 12. Juli 1921. Hamburg: Carl Hoym Nachf. Louis Cahnbley. Verlag der Kommunistischen Internationale 1921. 1086 S. (Bibliothek der Kommunistischen Internationale; XXIII.)
(Signatur: 8702 // Nicht entlehnbar)

 

 

Dieser Protokollband aus den frühen Jahren der 1919 gegründeten Komintern gehörte dem kommunistischen Gewerkschaftsfunktionär Leopold Hornik (1900-1976). Schon seit den 1920er-Jahren politisch aktiv und bekannt wurde er 1935 von den austrofaschistischen Behörden wegen illegaler Parteitätigkeit verhaftet, jedoch unter der Auflage, das Land zu verlassen, wieder freigelassen. Nach einem kurzen Aufenthalt in Moskau kehrte Hornik 1936 nach Wien zurück, wo er seine Parteitätigkeit fortsetzte. Ihm kam die wichtige Aufgabe zu, als KP-Chefunterhändler mit den Revolutionären Sozialisten über eine mögliche Einheitsfront zu verhandeln. 1937 ging er als Korrespondent einer tschechoslowakischen Zeitung nach Paris und emigrierte im April 1938 nach London, wo er im Vorstand des Austrian Center tätig war und nach einer zweijährigen Internierung als Enemy Alien auf der Isle of Man und in Kanada ab 1942 im Free Austrian Movement und bei der Zeitschrift Zeitspiegel tätig war. Hornik kehrte 1946 nach Österreich zurück und war fortan Redakteur der KP-Gewerkschaftszeitung Die Arbeit Er war in zweiter Ehe mit der Journalistin und Schriftstellerin Eva Priester verheiratet.

 

 BuchcoverTitelseite

ROTH, Joseph: Radetzkymarsch. Roman. 2. Auflage, 13.-20. Tsd. Berlin: Kiepenheuer 1932. 582 S.
Signatur: RARI 23519 // Nicht entlehnbar

 

 

 

Radetzkymarsch gilt als Roths bedeutendster Roman und entstand ab Herbst 1930. Die ersten Exemplare der Buchausgabe erschienen Ende August 1932, nachdem der Roman zuvor bereits in der Frankfurter Zeitung veröffentlicht worden war. Dieses Exemplar aus der im Oktober 1932 erschienenen 2. Auflage stammt aus der Bibliothek von Josef Hindels (1916-1990) und enthält ein Exlibris mit den Initialen OL und der tschechischen Bezeichnung Ma Kniha (Mein Buch).

Josef Hindels absolvierte eine kaufmännische Lehre und wurde bald Mitglied des Zentralvereines der kaufmännischen Angestellten Österreichs. Er wurde wegen seiner politischen Gesinnung mehrmals verhaftet, unter anderem 1933 wegen der Teilnahme an einer Demonstration. 1937 flüchtete er in die Tschechoslowakei, später nach Norwegen und 1941 nach Schweden, wo er sich einer Gruppe österreichischer Freigewerkschafter anschloss. Er kehrte 1946 nach Österreich zurück und war bis 1951 Schulungs- und Bildungssekretär der Gewerkschaft der Privatangestellten und Redakteur der Gewerkschaftszeitung Der Privatangestellte. Hindels war viele Jahre Stellvertretender Vorsitzender des Bundes Sozialistischer Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus.

 

 BuchcoverExlibris

WALLEITNER, Hugo: Zebra. Ein Tatsachenbericht aus dem Konzentrationslager Flossenbürg. Bad Ischl: Selbstverlag, [1946]. 190 S., 34 Zeichnungen des Verfassers.
(Signatur: RARI 2021 // Nicht entlehnbar)

 

 

 

Der aus Bad Ischl stammende Autor Hugo Walleitner (1909-1982) war von 1942 bis zu seiner Befreiung zu Kriegsende 1945 im KZ Flossenbürg interniert. Vermutlich 1946 veröffentlichte er den vorliegenden Bericht im Selbstverlag, der mit 34 Zeichnungen von ihm illustriert ist. Sein zeichnerisches Talent begünstigte wahrscheinlich auch sein Überleben im Lager. Auf seine zur Internierung in Flossenbürg führende Homosexualität geht er in seinem Buch nicht ein.

Das vorliegende Exemplar ist auf der Innenseite des Buchdeckels mit einem Exlibris versehen und stammt aus der Bibliothek von Hermann Mühlberger. Angaben zur Biographie Mühlbergers liegen dem DÖW nicht vor.

 

 BuchcoverExlibris

ZWEIG, Stefan: Im Schnee. Herausgegeben von Erich Fitzbauer. Wien: Internationale Stefan-Zweig-Gesellschaft 1963, nicht paginiert (12 Blätter auf Zerkall-Bütten). Mit 4 ganzseitigen Zeichnungen von Fritz Fischer.
(Keine Signatur)

 

 

 

Dieses Jugendwerk Stefan Zweigs, das erstmals im Jüdischen Almanach von 1902 erschienen war, ist die dritte Sonderpublikation der Internationalen Stefan-Zweig-Gesellschaft. Die liebevoll ausgestattete Publikation ist in einer limitierten Auflage von 500 Exemplaren erschienen und wurde vom Illustrator handschriftlich signiert. Das vorliegende Exemplar trägt die Nummer 422 und stammt – wie am Exlibris ersichtlich - aus der Bibliothek von Herma Krell, der Schwester des DÖW-Mitbegründers Jonny Moser (1925-2011). Nach dem Ableben seiner Schwester schenkte Moser das Buch der Bibliothek des DÖW.

 

BuchcoverExlibris 

WERNER, Ruth: Olga Benario. Die Geschichte eines tapferen Lebens. Berlin: Verlag Neues Leben 1961. 452 S.
(Signatur: 14169 // Nicht entlehnbar)

 

 

 

 

Vorliegendes Buch ist die 1. Auflage der Biographie der deutschen Kommunistin Olga Benario (1908-1942), die aufgrund ihrer politischen Überzeugung und jüdischen Herkunft in den Konzentrationslagern Lichtenburg und Ravensbrück interniert war. Sie wurde 1942 im Rahmen der "Aktion 14f13" in der Tötungsanstalt Bernburg an der Saale ermordet.

Das Exemplar stammt aus der Bibliothek der Widerstandskämpferin und sozialdemokratischen Politikerin Rosa Jochmann (1901-1994), die ebenso wie Benario im KZ Ravensbrück interniert war. Das Exlibris erhielt Jochmann von ihrer Parteifreundin Helene Potetz (1902-1987), die mit ihr im Konzentrationslager war, als Geschenk und symbolisiert die Stationen Jochmanns nach der Befreiung im Frühjahr 1945 von Ravensbrück über Berlin und Dresden nach Prag und schließlich Wien. Zu den Himbeeren in der Mitte des Exlibris hielt Jochmann Folgendes fest: "[...] Während der Fahrt hatte ich Geburtstag. Wir blieben im Wald stehen und alle suchten Beeren und Blumen und überreichten mir dieselben an meinem 1. Geburtstag in der Freiheit. Solche Geburtstage kann man nur einmal und in einer solchen Situation erleben. Es war wunderschön. [...]"

 

 

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