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Elsa Rappaport, Antonie Rappaport, Lilli Rappaport, Richard Rappaport: "... aufreibendes, sorgenbeladenes Leben"

 

Elsa Rappaport, geboren am 9. Juni 1897
Antonie Rappaport, geboren am 14. Dezember 1923
Lilli Rappaport, geboren am 28. März 1925
Richard Rappaport, geboren am 12. März 1929

 

Deportation nach Maly Trostinec: 2. Juni 1942

 

 

 

 

Die Kündigungsaktion der nationalsozialistischen Wiener Stadtverwaltung gegen jüdische MieterInnen von Gemeindewohnungen Ende Juni 1938 betraf auch Elsa und Bernhard Rappaport (Jg. 1888), die mit ihren Kindern Antonie, Lilli und Richard im Gemeindebau "Forstnerhof" (Alliogasse 27-33, Stiege 10, Tür 9) im 15. Wiener Gemeindebezirk lebten.

 

 

 

 

Aufkündigung der Gemeindewohnung

Download Unterlagen zur Wohnungskündigung >>

 

Wohnungskündigung

 

 

Nach Einwendungen gegen die Wohnungskündigung wurde bei der Verhandlung am 28. Juli 1938 im Bezirksgericht Fünfhaus ein Räumungsvergleich per 15. August 1938 abgeschlossen. Am 2. August ersuchte Bernhard Rappaport die Magistratsabteilung 21 um Aufschub der Kündigung:

 

"Ungeachtet meines Ansuchens um Zuweisung einer anderen Wohnung und trotz aufreibender Bemühung eine selbe zu finden, wo man mich mit meiner Frau und drei Kindern einziehen läßt, habe ich bisher absolut nichts erreicht. Deshalb ersuche ich höflichst, die ausgesprochene Kündigung auf unbestimmte Zeit erstrecken zu wollen, da ich bereits in Eile Anordnungen getroffen habe, so bald als möglich Österreich verlassen zu können, wodurch die unbestimmte Zeit unmöglich lange währen kann. Ich warte gegenwärtig auf die Erledigung dieser Bestrebung. Ich glaube durch reelle, redliche Geschäftsführung, durch meine Unbescholtenheit und strengste Pflichterfüllung aller meiner Obliegenheiten mich eines allgemeinen guten Rufes erfreuen zu dürfen. Ich habe keine Geschäfts- und Privatschulden, die Aufrechterhaltung meiner Familie, bestehend aus Frau und drei Kindern von denen eines andauernd gefährlich krank ist, /: es wurde ihm nach einer Bluttransfusion die Milz operativ entfernt :/ erfolgte bisher unter größter Mühe und Nahrungssorgen. Außerdem hatte ich seit Jahren durch wechselnde Krankheitsfälle in meiner Familie, die jetzt noch andauern, ein aufreibendes, sorgenbeladenes Leben."

 

Im selben Bittgesuch wies Rappaport darauf hin, dass vier Brüder seiner Frau im Ersten Weltkrieg gekämpft hatten – viele ehemalige jüdische Angehörige der k.u.k. Armee hofften, dass es für sie als ehemalige Frontkämpfer Ausnahmeregelungen geben könnte:

 

"Es ist mir bekannt, daß solche Juden, von denen ein Angehöriger im Felde war, einer Würdigung dessen gewärtig sein dürfen [...]
Wenn ich auch in dieser Schilderung nichts anderes als die schuldige Pflichterfüllung der Familie meiner Gattin sehe, so bitte ich dennoch um geneigte Erwägung, ob hier eine Würdigung begründet wäre."

 

Im August 1938 bewilligte das Bezirksgericht Fünfhaus die zwangsweise Räumung, die Familie musste in die Rembrandtstraße 18 in Wien-Leopoldstadt übersiedeln. Bernhard Rappoport wurde im Zuge des Novemberpogroms 1938 verhaftet und am 14. November 1938 in das KZ Dachau eingewiesen; er konnte nach seiner Entlassung aus der Haft nach Palästina flüchten.

 

Elsa Rappaport und ihre drei Kinder im Alter von 13 bis 18 Jahren wurden am 2. Juni 1942 von Wien nach Maly Trostinec deportiert. Seither fehlt jede Nachricht.

 

 

Literatur:
Herbert Exenberger / Johann Koß / Brigitte Ungar-Klein, Kündigungsgrund Nichtarier. Die Vertreibung jüdischer Mieter aus den Wiener Gemeindebauten in den Jahren 1938–1939, Wien 1996.
Für diese Publikation arbeiteten die AutorInnen Akten der Magistratsabteilung 52 auf.

 

 

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Downloads

(DÖW, DB "Gemeindebauten")
(3,2 MB)

2. 8. 1938 (mit Transkript, DÖW, DB "Gemeindebauten")
(498,1 KB)

2. 6. 1942 (Auszug)
(756,3 KB)
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