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Kristo Srienc: Ein lebendes Bild der Macht

Kristo Srienc, geb. 1910 in Pudlach/Podlaz. 1938 Priesterweihe. Festnahme im Zuge der Verhaftungen nach dem Überfall auf Jugoslawien im April 1941. Mehrere Wochen in Haft.

Verstorben 2002.

 

 

Im Jahre '38 war ich zur Zeit des Einmarsches der deutschen Truppen in Innsbruck auf der theologischen Fakultät. Es war mein letztes Jahr und dort erlebte ich diesen historisch so typischen und "glorreichen" Tag des "Anschlusses". Am 9. März kam Schuschnigg nach Innsbruck und hielt von der Veranda der Hofburg eine Ansprache an die Innsbrucker. Unser Regens im Kanzianum rief uns 250 Theologen zusammen und legte uns, entgegen seiner Art, sehr ans Herz, in Zivilkleidung hinzugehen, denn er war sonst ein Verfechter des Talars, der Priesterkleidung. Damals machte er eine Ausnahme: "Zieht euch soweit wie möglich zivil an und geht zur Manifestation für den Schuschnigg." Wir zogen unsere Zivilkleider an und gingen zur Hofburg. Die weltlichen Akademiker, die damals zumeist illegale Nazis und Hitleranhänger waren, die erkannten uns trotz der zivilen Kleidung und grüßten uns schön: "Gelobt sei Jesus Christus." Damit wollten sie uns zeigen, na, geht nur hin! Und der Schuschnigg schloss dort seine Rede mit "Gott schütze Österreich". Er verkündete auch die Abstimmung [Volksbefragung]. Am 13. März hätte das Volk selbst entscheiden sollen, ob es zum Reich oder ein selbständiges Österreich bleiben wollte. Hitler verhinderte dieses Plebiszit [...] Ich beobachtete den Einmarsch [der deutschen Truppen] vom Fenster des Kanzianums aus. Es war ein herrliches Bild, schöne Uniformen, verschiedene Waffen, Kolonnen, eine disziplinierte Armee, ein lebendes Bild der Macht.

 

Das "Großdeutsche Reich" mit Hitler an der Spitze ist zwar untergegangen, aber sein einstiger Befehl "Macht mir dieses Land deutsch" ist noch immer bestimmend für jene geblieben, denen die Slowenen ein lebendes Ärgernis sind und die sie am liebsten von der Kärntner Landkarte wischen würden. Die Dreiparteiennötigung des entnationalisierenden Schulmodelles zeugt davon. Als der "Führer" nach Klagenfurt kam, wurde er überall hysterisch als Erretter begrüßt. Klagenfurt bereitete ihm einen begeisterten, feierlichen Empfang. "Sieg Heil!" hallte es wie ein Riesenorchester die Straßen entlang. Auch die österreichische Kirche und deren Episkopat Kardinal Innitzer an der Spitze begrüßte den "Anschluss" herzlich und entbot dem Okkupanten einen Willkommensgruß, ihm Gottes Segen und Erfolg bei der Umsetzung seiner Pläne wünschend. In einem besonderen Hirtenbrief rief der Bischof alle Gläubigen auf, an dem von Hitler bestimmten Plebiszit des 10. April 1938 klar und deutlich für den Führer zu votieren, den uns die Vorsehung Gottes geschickt hätte. Diese Worte zitiere ich fast wortwörtlich aus dem damaligen Hirtenbrief, den die österreichischen Bischöfe auf besondere Initiative des Kardinals Innitzer im Volk verbreiteten. So half auch die österreichische Kirche mit ihrem Aufruf Hitler, den gewaltsamen "Anschluss" zu legalisieren, und der Ausgang der "Volksabstimmung" wies ihn vor der Welt nicht als Okkupanten, sondern als heiß ersehnten Befreier aus. So war damals die Meinung, auch die Meinung der höchsten kirchlichen Würdenträger. Die katholische Kirche musste jedoch bald erkennen, wie der Hase lief, als die Nazis begannen, die agilsten Katholiken und Priester ein- und die kirchlichen Institutionen zuzusperren, die Schulen, die Priesterseminare, die Kindergärten.

 

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