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"Zur Zeit" und der "Führerstellvertreter"

Neues von ganz rechts - September 2014

Spätestens seit seinem Selbstmord im Kriegsverbrechergefängnis Spandau am 17. 8. 1987 wird der Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß von rechtsextremer Seite immer wieder als "Märtyrer" und "Friedensflieger" präsentiert. Diese Einschätzung bezieht sich auf den 1941 von Hess durchgeführten Flug nach England und seinen damit verbundenen mutmaßlichen Plan, mit der britischen Regierung Geheimgespräche über Friedensverhandlungen aufzunehmen. Auch seine lange Haftzeit (er wurde im Oktober 1946 im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt) und sein ungebrochenes Bekenntnis zum Nationalsozialismus haben wesentlich zu seinem Kultstatus in der rechtsextremen Szene beigetragen. Heß ist für die Neonaziszene bis heute eine wichtige Symbolfigur. In Wunsiedel/Bayern, wo sich bis 2011 das Grab von Rudolf Heß befand, wurden seit 1987 über mehrere Jahre hinweg rund um seinen Todestag Neonazi-Aufmärsche abgehalten.

 

Von einschlägiger Seite wird auch immer wieder behauptet, dass Heß nicht Selbstmord begangen habe, sondern ermordet worden sei. In das gleiche Horn stößt auch das FPÖ-nahe Wochenblatt Zur Zeit: Schon 2009 war dort die Behauptung zu finden, dass Hess "von den Engländern [...] ermordet" worden sei. Nun geht ein/e AutorIn unter dem Pseudonym "Anna Maria Langbauer" noch weiter und verbreitet gar die Mär, dass Heß "mit Zustimmung, wenn nicht gar auf Aufforderung Hitlers [...] nach England flog". Die Apologie endet hoffnungsvoll mit einer kryptischen Andeutung: "Kritisch Denkende könnten auf den Gedanken kommen, dass noch mehr Zeitgeschichte verfälscht ist." (Zur Zeit 34-35/2014, S. 46 f.)

 

 

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