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Die Verfolgung religiöser Minderheiten

Brigitte Bailer-Galanda


Neben Verfolgungshandlungen gegen die katholische Kirche zielte der Nationalsozialismus auch auf die Ausschaltung religiöser Minderheiten, so genannter Sekten. Vor allem die Internationale Bibelforschervereinigung (IBV) war während der Zeit des Nationalsozialismus schweren Verfolgungen ausgesetzt. Die Bibelforscher (Zeugen Jehovas) weigerten sich, die staatliche Autorität über ihre religiösen Vorstellungen zu setzen. Bereits ab dem "Anschluss" kam es zu Konflikten zwischen ihnen und dem NS-Regime, da sie den Hitlergruß oder andere Aktivitäten zur Unterstützung des Staates, wie beispielsweise Spenden für das Winterhilfswerk, verweigerten. Durch zwei Verhaftungswellen 1939 und 1940 wurden die bis dahin bestehenden illegalen Landesleitungen der IBV aufgelöst. Kinder aus Familien von Bibelforschern wurden ihren Eltern weggenommen und staatlichen Erziehungsinstitutionen überantwortet. Nach Kriegsausbruch verschärfte sich die Situation beträchtlich, da die Bibelforscher es grundsätzlich ablehnten, Wehrdienst zu leisten. Zahlreiche Mitglieder dieser Religionsgemeinschaft wurden wegen Wehrkraftzersetzung vor Gericht gestellt bzw. in Konzentrationslager eingeliefert. Insbesondere Männer im wehrfähigen Alter mussten wegen ihrer Weigerung, Militärdienst zu leisten, mit dem Todesurteil rechnen. Selbst im Konzentrationslager weigerten sich inhaftierte Bibelforscher, Arbeiten für die Deutsche Wehrmacht zu leisten. Zum Unterschied von anderen Gruppen verfolgter Menschen hätten die Bibelforscher die Möglichkeit gehabt, sich ihr Los zu erleichtern bzw. ihre Freilassung zu bewirken: Sie hätten sich nur durch Unterzeichnung einer vorgefertigten Erklärung von der Internationalen Bibelforschervereinigung lossagen und ihre Loyalität dem nationalsozialistischen Staat gegenüber erklären müssen. Die meisten verweigerten jedoch diesen Ausweg und blieben ihrer religiösen Überzeugung treu.


 


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