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"Spontaner" Antisemitismus

Die Verfolgung der österreichischen Juden


Die Juden Österreichs waren während der ersten Wochen nach dem "Anschluss" gleichsam vogelfrei: sie wurden körperlich misshandelt, gedemütigt und beraubt. Unter dem Vorwand, Hausdurchsuchungen vornehmen zu müssen, "requirierten" sowohl uniformierte Parteiangehörige als auch Zivilisten Geld, Schmuck und andere Wertgegenstände. Mangelnde Zivilcourage, Feigheit sowie weitgehendes Einverständnis mit dem tätlichen Antisemitismus ließen viele Österreicher, die keine Nazis waren, zu passiven Komplizen des NS-Regimes werden, die vielleicht bei den Misshandlungen ihrer jüdischen Mitbürger pikiert wegschauten, aber keinen Protest dagegen erhoben.

Die spontanen, pogromartigen Ausschreitungen waren ein wohl berechneter und als solcher willkommener Faktor des nationalsozialistischen Herrschafts- und Terrorsystems. 1938 war es noch Ziel des NS-Regimes, so viele österreichische Juden wie möglich zur Auswanderung zu zwingen. Der Terror seitens Gestapo, SS etc., aber auch jener der einheimischen Nationalsozialisten und ihrer Anhänger, war ein Faktor, der die Vertreibung beschleunigte. Die antijüdischen Exzesse entwickelten aber bald eine Eigendynamik, die den neuen Machthabern Unbehagen bereitete, hatten doch die spontanen Raubzüge Ausmaße angenommen, welche die Staats- und Parteiführung um das Gelingen der planmäßigen "Entjudung der Ostmark" fürchten ließen.

Die NS-Machthaber beließen es aber vorerst bei halbherzigen Warnungen und Appellen, ohne diesen Konsequenzen folgen zu lassen. Wenige Wochen vor der für den 10. April 1938 angesetzten Volksabstimmung sollten keine parteiinternen Konflikte ausbrechen und die nationalsozialistischen Parteigänger nicht vor den Kopf gestoßen werden.


 


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