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Laurenz Cichra (1902 - 1944)

Todesurteile des Oberlandesgerichts Wien

Laurenz Cichra (18. 7. 1902, Vrbitz - 24. 5. 1944, LG Wien), wohnhaft in Lundenburg (Brezlav), gehörte der tschechischen Minderheit an.

 

Cichra wurde beschuldigt, öffentlich durch Reden den Willen des deutschen Volkes zur wehrhaften Selbstbehauptung zu zersetzen und einer Frau unter Ausnutzung der Kriegslage Geld abgepresst zu haben. Er wurde wegen Betrugs, Erpressung und Wehrkraftzersetzung unter Anwendung der Volksschädlingsverordnung am 13. 4. 1944 vom OLG Wien zum Tode verurteilt (8 OJs 47/44, Vorsitzender Friedrich Russegger, Beisitzer Dr. Viktor Reindl und Dr. Sigfried von Bergmann, StA Dr. Karl Meyer).

 

Aus dem Urteil:

 

"Bei seinen Besuchen hatte er [Cichra] der Cserny wiederholt Vorwürfe gemacht, dass sie mehrere Tschechen in Lundenburg wegen Abhörens feindlicher Sender angezeigt habe, so dass diese zu längeren Freiheitsstrafen verurteilt worden seien. Tatsächlich hatte die Cserny eine solche Anzeige erstattet, die auch zur Verurteilung der Angezeigten geführt hatte. Der Angeklagte erklärte nun, dass er einer bereits sehr mächtigen tschechischen illegalen Partei angehöre, die ihm den Auftrag erteilt habe, ihre Einstellung gegenüber dem Tschechentum zu überprüfen und sie als Mitglied dieser Partei anzuwerben. [...] Als sie erklärte, dass sie die Anzeige gemacht hätte, wenn sie dies gewusst hätte, erwiderte er, dass sie damit nichts ausgerichtet hätte, weil ein grosser Teil der Beamten der Geheimen Staatspolizei tschechenfreundlich und staatsfeindlich eingestellt sei. Die Partei habe bereits überall einen grossen Einfluss und ihre Macht reiche sogar bis an die Front, sie könne ihr und ihrem Manne an Leben und Gut schaden. [...]

Der Angeklagte gibt zu, sich von der Cserny das Geld unter irreführenden Angaben ausgeliehen zu haben, um Hasard spielen zu können. [...] Die Cserny habe übrigens gewusst, dass seine Erzählungen von der illegalen tschechischen Partei nur 'eine Komödie' gewesen seien [...]

Der Angeklagte ist von Anfang an durch seine Erzählungen von dem Einfluss der illegalen tschechischen Partei darauf ausgegangen, der Cserny Furcht vor Maßnahmen dieser Partei gegen Leben und Gut ihrer eigenen Person, ihres Gatten und ihrer Verwandten einzujagen, um sie zur Herausgabe von Geld gefügig zu machen. [...] Dass diese Drohungen geeignet waren, der Cserny begründete Besorgnis einzuflössen, liegt auf der Hand. Es liegt demnach auch der Tatbestand des Verbrechens der Erpressung nach § 98 b öStG vor.

Bei Begehung der Tat hat der Angeklagte vorsätzlich die durch den Kriegszustand verursachten aussergewöhnlichen Verhältnisse dadurch ausgenutzt, dass er die gegenüber der Cserny ausgeübten Drohungen auch gegen ihren im Feld befindlichen Gatten ausdehnte und dass er sich überhaupt ihre durch die kriegsbedingte Abwesenheit des Gatten gesteigerte Unbeholfenheit zunutze machte. [...] Die Erpressung stellt sich demnach auch als Volksschädlingstat im Sinne des § 4 der VO über die Volksschädlinge dar. [...]

Die Taten des Angeklagten zeugen von einer derartigen Verwerflichkeit seiner Gesinnung, dass sie über das bei derartigen Straftaten übliche Maß weit hinausragt. Der Schutz der Volksgemeinschaft erforderte deshalb die schwerste im § 4 der Volksschädlingsverordnung angeführte Strafe."

 

 

>> Hermine Lohninger

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