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NS-Terror: Enthauptet - Erschossen - Justifiziert

Meldung von Sterbefällen an das Statistische Amt für die Alpen- und Donau-Reichsgaue, 1942/43

 

"Enthauptet", "im Sonderverfahren erschossen", "als kommunistischer Gewaltverbrecher erschossen", "gerichtliche Hinrichtung", "justifiziert" – für die Erstellung von Bevölkerungsstatistiken meldeten die Standesämter Sterbefälle an das Statistische Amt für die Alpen- und Donau-Reichsgaue (nach dem "Anschluss" 1938 Österreichisches Statistisches Landesamt bzw. ab Juli 1939 Statistisches Amt für die Reichsgaue der Ostmark). Standardmäßig wurden in diesen Sterbefall-Meldungen auch Hinrichtungen bzw. generell Todesfälle in Strafanstalten erfasst. Die Formulare enthalten detaillierte Angaben zur Person, u. a. Vor- und Nachname (bei verheirateten Frauen auch Geburtsname), Adresse, Geburtsdatum, Sterbedatum, Familienstand, Beruf, Staatsangehörigkeit, Gemeinde des Sterbefalls, Todesursache, in den meisten Fällen auch die Hinrichtungsstätte.

 

Knapp über 600 Sterbefall-Meldungen sind im Original im DÖW archiviert (DÖW 4761), rund 480 sind nun als PDF (S/W-Abbildungen) abrufbar.  Sie betreffen Hinrichtungen im Zeitraum 1942/43 in Wien (Landesgericht Wien, Militärschießplatz Kagran), Graz (Landesgericht Graz, Militärschießplatz Feliferhof) und im Verwaltungsbezirk Untersteiermark (die nach dem Überfall auf das Königreich Jugoslawien 1941 zur Eingliederung in das Deutsche Reich vorgesehenen Gebiete mit den Hauptorten Marburg a. d. Drau/Maribor, Cilli/Celje und Pettau/Ptuj; heute Slowenien); nur in zwei Fällen (Salzburg und Steyr) sind andere Sterbeorte dokumentiert.

 

Die Opfer stammen überwiegend aus Wien, Niederösterreich, Kärnten, aus der Steiermark und dem Burgenland, aus der Untersteiermark sowie aus dem im Oktober 1938 an das Deutsche Reich angeschlossenen Sudetenland bzw. dem nach der vollständigen Zerschlagung der Tschechoslowakischen Republik im Frühjahr 1939 eingerichteten "Protektorat Böhmen und Mähren" (heute Tschechien). Sie wurden wegen "Vorbereitung zum Hochverrat", "Feindbegünstigung", "Wehrkraftzersetzung" oder verbotenen Waffenbesitzes zum Tode verurteilt, aber auch wegen geringfügiger Straftaten (z. B. wegen "Plünderung", "Verbrechen bei Fliegergefahr" oder mehrfachen Diebstahls), die nach der "Volksschädlings-" oder "Gewaltverbrecherverordnung" mit dem Tod bestraft werden konnten. Die Sterbefall-Meldungen aus der Untersteiermark sind alle aus dem Jahr 1942, als Todesurteile dort von Polizeigerichten verhängt wurden; die "Verhandlungen" dauerten nach Zeugenaussagen nur Minuten, die Exekutionen erfolgten im Anschluss oder wenige Stunden später.

 

 

 

 

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Sterbefall-Meldung

Dem aus Znaim (Znojmo, heute Tschechien) stammenden Ernst Pokorny (geb. 1913) wurden "Arbeitsunlust" und "wehrkraftzersetzende" Äußerungen vorgeworfen. Er wurde am 12. Oktober 1943 vom Oberlandesgericht Wien zum Tode verurteilt und am 19. November 1943 im Landesgericht Wien hingerichtet.

 

Aus dem Urteil:
"Durch die Äusserungen, mit welchen der Angeklagte in einem Betrieb höchster kriegswirtschaftlicher Bedeutung, in welchem ausser zahlreichen deutschen auch viele nichtdeutsche und ausländische Arbeiter, insbesondere Tschechen, Ukrainer und Bulgaren beschäftigt sind, zur Begründung seiner Arbeitsunlust sich wiederholt über ein Unterliegen Deutschlands in diesem Kriege ausliess, ja sogar ausdrücklich erklärte, nicht Deutschland dürfe den Krieg gewinnen, sondern der Russe müsse Sieger sein, mit welchen er weiters nichts anderes als das Wiedererstehen eines tschechischen Staates und die Vernichtung aller Deutschen voraussagte und die Staatsführung herabsetzte, die nur Arbeit verlange, aber nichts zum Essen gebe, und nicht minder dadurch, dass er auch in der Tat seine Arbeit ständig auf das Gröblichste vernachlässigte und schliesslich überhaupt eigenmächtig aufgab und dadurch verderblichstes Beispiel gab, hat der Angeklagte es bewusst und gewollt unternommen, den Willen des deutschen Volkes zur wehrhaften Selbstbehauptung zu lähmen und zu zersetzen."

 

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