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Wiznitzer, Hermann

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Вицницер (Вишницер) Герман Литманович

Geboren: 1901, Czernowitz (Černovicy, Bukowina)

Beruf: Ökonom

Letzter Wohnort in Österreich: Wien

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 07.07.1928

Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau

Verhaftet: 09.12.1937, Moskau

Urteil: 1938, 15 Jahre Lagerhaft

Rehabilitiert: 1956

Gestorben: 09.05.1938 (?)

Emigrationsmotiv: wirtschaftliche Emigration

Schicksal: unbekannt

 

Hermann Wiznitzer (Wischnitzer) wurde 1901 in Czernowitz (Černovicy) in einer jüdischen Händlerfamilie geboren. Er trat 1918 der sozialdemokratischen Partei der Bukowina bei und war in der Parteijugend und der Schülerorganisation aktiv. 1920 übersiedelte Wiznitzer nach Wien und inskribierte Staatswissenschaften an der Universität. 1924 promovierte er bei Carl Grünberg mit einer Dissertation über die Agrarpolitik der Sowjetunion. In Wien war Wiznitzer Mitglied einer jüdischen kommunistischen Organisation, die sich Ende 1921 der KPÖ anschloss. Als rumänischer Staatsbürger (Ausländern war in Österreich politische Tätigkeit verboten) führte er diverse Parteinamen (z.B. Schaffer), wurde trotzdem Vorsitzender der kommunistischen Studentenfraktion (KOSTUFRA), Bezirkssekretär der KPÖ in Wien-Hernals und Mitglied der ZK-Kommissionen für Propaganda bzw. die Bauernfrage. 1926-1928 fungierte er in der sowjetischen Botschaft als Sekretär der Presseabteilung, was vermutlich eine Tarnung für geheimdienstliche Aktivitäten war. Gleichzeitig war er Mitglied der Redaktion der Roten Fahne und publizierte in der Moskauer Rundschau und anderen sowjetischen Zeitungen.

 

Kurz nach seiner Ankunft in der UdSSR im Juli 1928 wurde Wiznitzer von der KPÖ in die VKP (b) überführt. In Moskau war er zuerst als Mitteleuropa-Referent im Allunions-Verband für kulturelle Beziehungen mit dem Ausland (ВОКС - Всесоюзное общество культурной связи с заграницей) tätig, dann wissenschaftlicher Mitarbeiter der Weltwirtschaftssektion des von Nikolaj Kondrat'ev (erschossen 1938) gegründeten Konjunkturinstituts und später Chef des Konjunktursektors der Planungsbehörde Gosplan. 1933 wurde er von der KPD für eine geheime Mission nach Deutschland entsandt. 1936 war Wiznitzer stellvertretender Vorsitzender der Planungsbehörde der Stadt Moskau. Ende 1936 wurde er von der KPÖ als Lehrer im österreichischen Sektor der Internationalen Lenin-Schule angefordert, er dürfte diese Stellung jedoch nie angetreten haben. Wiznitzer erhielt bei Kaderüberprüfungen im April 1937 das beste Zeugnis der KPÖ, wurde indes am 10. Oktober 1937 von der VKP (b) ausgeschlossen – vermutlich während einer Säuberung der Planungsbürokratie.

 

Seine erste Frau, die er 1926 in Wien heiratete, ließ Wiznitzer – zusammen mit der Tochter – in Wien zurück. Seine zweite Frau wurde zu zwei Jahren Lagerhaft und anschließender mehrjähriger Verbannung verurteilt. Der gemeinsame Sohn wurde nach der Verhaftung der Eltern am 9. Dezember 1937 von der Großmutter in Moskau aufgezogen. Im Juli 1938 wurde Hermann Wiznitzer zu 15 Jahren Lagerhaft verurteilt. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Nach anderen Angaben wurde Wiznitzer bereits am 9. Mai 1938 erschossen.

 

 

Quelle: RGASPI, Memorial Moskau

 

Siehe auch Verena Moritz/Julia Köstenberger/Aleksandr Vatlin/Hannes Leidinger/Karin Moser, Gegenwelten. Aspekte der österreichisch-sowjetischen Beziehungen 1918-1938, St. Pölten u. a. 2013. S. 456.

 

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