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Strausser, Robert

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Штраусер Роберт Иудавич (Зами Иуда)

Geboren: 09.01.1910, Przemyśl (Galizien)

Beruf: Schneider

Letzter Wohnort in Österreich: Wien

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 24.03.1935

Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau, Penza

Verhaftet: 30.07.1938, Penza

Anklage: Spionage

Urteil: 17.04.1940, Sonderberatung (OSO), 3 Jahre Lagerhaft

Gestorben: 02.09.1940, Penza

Rehabilitiert: 13.09.1989, Militärstaatsanwalt des Wolga-Wehrkreises

Emigrationsmotiv: Schutzbund-Emigration

Schicksal: in der Haft umgekommen

 

Robert Strausser wurde 1910 in Przemyśl (heute an der polnisch-ukrainischen Grenze) in einer Arbeiterfamilie geboren. Die jüdische Familie übersiedelt bald nach seiner Geburt nach Wien, wo Strausser nach der Schule eine Schneiderlehre absolvierte. Er trat 1924 aus der jüdischen Kultusgemeinde aus und wurde Mitglied der SAJ, 1928 der SDAP und 1930 des Schutzbundes. Eigenen Angaben zufolge wurde Strausser mit seiner Schutzbundgruppe am 13. Februar 1934 in einem Lagerhaus am Wiener Handelskai von der Polizei überrumpelt und abgeführt. Es folgte eine kurze Polizeihaft. Strausser setzte sich dann in die Tschechoslowakei ab, wo er sich oppositionell gesinnten Schutzbündlern und Kommunisten anschloss.

 

Straussers Version von seiner Verhaftung in Wien 1934 wurde in Moskau nicht geglaubt, weshalb ihm die MOPR den Status eines politischen Emigranten verweigerte und die KPÖ sein Beitrittsansuchen zurückwies. KPÖ-Verantwortliche holten von verschiedenen Quellen Auskunft über Strausser ein, beispielsweise vom Revolutionären Sozialisten Peter Strasser in der ČSR und von Schutzbündlern in Moskau und Leningrad, die Strausser von Wien oder aus der tschechoslowakischen Emigration her kannten. Peter Strasser meinte, Robert Strausser sei nach seiner Haftentlassung in Österreich nicht mehr gefährdet gewesen, es sei ihm deshalb von sozialdemokratischen Vertrauensleuten in der ČSR nahegelegt worden, nach Hause zu fahren. Seine Mitkämpfer unter dem seinerzeitigen Patronat der tschechischen Roten Hilfe sagten später in der UdSSR aus, Strausser habe sich "aufschneiderisch" verhalten und sei unvorsichtig gewesen, weshalb er zweimal verhaftet und zweimal aus der ČSR ausgewiesen worden sei. Ferner, dass er wahrscheinlich bei der tschechischen Polizei die Namen seiner Genossen preisgegeben habe, weshalb einige festgenommen wurden. Als Verdacht erregend stufte die Kominternbürokratie auch die Tatsache ein, dass Strausser 1935 bei der Einreise in die UdSSR an der Grenzstation Negoreloe zwei Tage lang festgehalten wurde, bis er nach Moskau weiterfahren durfte. Besonders verdächtig machten ihn eigene Aussagen in der UdSSR, die er erst unter Druck machte: sein strenger und konservativ eingestellter Vater, der 17 Jahre lang in der k.u.k. Armee gedient hatte und als Feldwebel ausgeschieden war, habe seinen Einfluss bei Bekannten in der Wiener Polizei geltend gemacht, um seinen Sohn freizubekommen; ferner habe ihm ein Onkel, der ebenfalls über gute Beziehungen zur Polizei verfügte, einen Reisepass verschafft. Aus Österreich hätte er flüchten müssen, weil ihn sein Vater bei weiterer politischer Betätigung bei der Polizei angezeigt hätte.

 

Zusammenfassungen der Strausser inkriminierenden Berichte wurden von der Leitung der Komintern-Kaderabteilung sowie von deren deutschen Mitarbeitern (Grete Wilde, Georg Brückmann) 1937/38 an den hohen NKVD-Offizier Poljaček weitergeleitet. Zur Zeit seiner Verhaftung am 30. Juli 1938 arbeitete Strausser in einer Lebensmittelfabrik in Penza. In den Verhören wurde er mit zahlreichen Konflikten mit der Betriebsleitung konfrontiert. Strausser verweigerte jedoch jede Auskunft, auch zur Anklage wegen Spionage. Außerdem weigerte er sich, das im April 1940 wegen Spionage ergangene Urteil von drei Jahren Lagerhaft per Unterschrift zur Kenntnis zu nehmen. Während der Untersuchungshaft erkrankte er schwer und war von Oktober 1938 bis Jänner 1939 im Krankenhaus. Mitte März 1939 stellte ein Gefängnisarzt fest, dass Strausser durch akuten Skorbut stark abgemagert und gehunfähig war. Strausser starb am 2. September 1940 im Gefängnisspital von Penza.

 

Robert Straussers jüngerer Bruder Leopold wurde am 13. Februar 1934 bei derselben Polizeirazzia in Wien verhaftet. Er ging später nach Schweden ins Exil, wo er ein Kampfgefährte von Bruno Kreisky wurde. Leopold Strausser blieb in Schweden.

 

 

Quelle: RGASPI, GARF, DÖW, ÖStA, Familie

 

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