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Sachs, Bruno

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Закс Бруно Максимилианович

Geboren: 30.12.1902, Wien

Beruf: Ingenieur

Letzter Wohnort in Österreich: Wien

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 05.06.1932

Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau

Verhaftet: 26.08.1937, Moskau

Anklage: Spionage

Urteil: 29.12.1937, Sonderberatung (OSO), Ausweisung

Gestorben: 19.03.1972, Toledo (USA)

Rehabilitiert: 28.11.1989, Militärstaatsanwalt des Moskauer Wehrkreises

Emigrationsmotiv: wirtschaftliche Emigration

Schicksal: ausgewiesen

 

Bruno Sachs wurde 1902 in Wien als Sohn eines Baurats in einer jüdischen Familie geboren. Er absolvierte ein Maschinenbaustudium an der Wiener Technischen Hochschule, das er 1923 abschloss. 1917/18 war er Mitglied einer sozialistischen Studentenorganisation. In der Folge arbeitete er als Betriebsleiter und Prokurist in Wien, ab 1926 in Nürnberg. Nachdem er eine Erfindung auf dem Gebiet des Spritzgießens patentieren lassen hatte, erhielt Sachs eine leitende Position bei einem Metallbetrieb in New York. Anlässlich eines Wien-Urlaubes bereitete Sachs, der vom industriellen Aufbau in der UdSSR beeindruckt war, seine Übersiedlung nach Moskau vor, wo er bei NATI (Научный АвтоТракторный Институт), dem wissenschaftlichen Institut für die Automobil- und Traktorenindustrie, eine Stelle erhielt. Sachs war parteipolitisch nicht gebunden, sein Interesse galt seiner Familie und seiner Arbeit. Zu seinem Glück wurde sein Antrag auf die sowjetische Staatsbürgerschaft 1937 abgewiesen, sonst hätte die österreichische Diplomatie in der Folge nicht für ihn interveniert.

 

Der NKVD-Arresttrupp fand Sachs zunächst nicht, da die Familie umgezogen war. Er wurde dann am 26. August 1937 im Stalin-Autowerk, wo er als Konsulent tätig war, verhaftet und in die Wohnung gebracht, wo seine Korrespondenz und seine amerikanische Underwood-Schreibmaschine beschlagnahmt wurden. Seine Frau konnte einen Staatsanwalt sprechen, der folgende Begründung für die Festnahme ihres Mannes angab:

1) Obwohl Sachs sechs Jahre in der UdSSR lebte, hatte er die sowjetische Staatsbürgerschaft nicht angenommen.

2) Er korrespondierte mit dem Ausland.

3) Er reiste gelegentlich ins Ausland.

4) Er besaß Geldmittel im Ausland, nämlich die Einkünfte aus seinem Patent, die ihm viele Anschaffungen in Moskau ermöglichten. So konnte er sich leisten, einen Chevrolet aus den USA zu importieren.

 

Sachs und ein deutscher Kollege namens Erkelenz (Антон Антонович Эркеленц) wurden möglicherweise von dem deutschen Ingenieur Hans Altmann denunziert, der ein Geheimagent des NKVD war. Bruno Sachs bestritt die Spionagevorwürfe, auch bei einer Gegenüberstellung mit Altmann. Die Frau und die Tochter von Bruno Sachs kehrten Ende Jänner 1938 nach Wien zurück. Sachs selbst konnte erst im April 1938 ausreisen, obwohl bereits am 29. Dezember 1937 seine Ausweisung beschlossen worden war. Er erhielt für den Wert seiner in der Butyrka "verloren gegangenen" drei Koffer einen Betrag von 500 Rubel, der auf das Konto der Deutschen Botschaft überwiesen wurde. Das geschah unmittelbar vor dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, als Sachs bereits ein Jahr in Amerika lebte. Die Familie Sachs war rechtzeitig vor den Nationalsozialisten 1940 in die USA geflohen, der krebskranke Vater hatte allerdings schon vorher in Frankreich Selbstmord verübt.

 

In den USA avancierte Bruno Sachs zu einem renommierten Hüttenfachmann und erwarb sein zweites Doktorat (Engineering) an der Columbia University in New York. Er brachte es bis zum Chef-Planungsingenieur von Doehler-Jarvis in Toledo, Ohio, wo er am 19. März 1972 als Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Gesellschaften und US-Staatsbürger verstarb.

 

 

Quelle: RGASPI, GARF, ÖStA, Familie etc.

 

Siehe auch den Beitrag von Josef Vogl, Bruno Sachs, in: Barry McLoughlin/Josef Vogl, ... Ein Paragraf wird sich finden. Gedenkbuch der österreichischen Stalin-Opfer (bis 1945), Wien 2013, S. 118 ff.

Necrology, in: The Ohio Journal of Science, 73 (4), July 1973, S. 254.

 

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