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Kandler, Hermann

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Кандлер Герман Адольфович

Geboren: 07.02.1903, Wien

Beruf: Schlosser

Letzter Wohnort in Österreich: Schrems (NÖ)

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 03.06.1934

Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau

Verhaftet: 22.03.1938, Moskau

Anklage: Spionage

Urteil: 1938, Militärgericht, 15 Jahre Lagerhaft; 19.10.1940, Sonderberatung (OSO), Verringerung der Strafe auf 5 Jahre Lagerhaft; 12.02.1941, Sonderberatung (OSO), Aufhebung der Strafe und Ausweisung

Gestorben: 1942, Ostfront

Rehabilitiert: 29.11.1989, Militärstaatsanwaltschaft des Moskauer Wehrkreises

Emigrationsmotiv: Schutzbund-Emigration

Schicksal: an Nazi-Deutschland ausgeliefert

 

Der Schlosser Hermann Kandler, geboren 1903 in Wien, war Mitglied der SAJ ab 1919, der SDAP ab 1923, des Schutzbundes ab 1927 und der KPÖ 1934-1936. Von 1923 bis 1926 diente er im Bundesheer, wurde dann als dienstuntauglich entlassen. Nach einigen Monaten Arbeitslosigkeit fand er in Schrems im Waldviertel Arbeit, ab 1931 war er wieder arbeitslos. Er organisierte Arbeitslosendemonstrationen und war Funktionär im Schutzbund. 1933 wurde er zweimal verhaftet, saß kurze Zeit im Gefängnis.

 

Als Teilnehmer der Kämpfe im Februar 1934 in Schrems flüchtete er in die ČSR und gelangte mit dem zweiten Schutzbundtransport Anfang Juni 1934 nach Russland. Er arbeitete dort in der 1. Uhrenfabrik in Moskau und brachte es zum Leiter einer Brigade von ca. 20 Arbeitern beim Bau von Chronometern für Flugzeuge. Wie viele andere Schutzbündler wohnte er im Hotel Sovetskaja. 1936 ließ er seine Frau Karoline und die drei Kinder nach Moskau nachkommen. Seine Meldung zu den Internationalen Brigaden wurde abgelehnt.

 

Am 22. März 1938 wurde er zusammen mit Josef Kormout und Josef Taschner im Hotel verhaftet und in die Lubjanka überstellt, am folgenden Tag in die Taganka gebracht. Kandler wurde an sechs Tagen in März 1938 von drei Tschekisten immer wieder bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen und dann mit kaltem Wasser ins Bewusstsein zurückgeholt, wonach die Misshandlungen fortgesetzt wurden. Schließlich unterschrieb er das Geständnis, ein Spion zu sein. Ende Mai erhielt er die Anklageschrift, er wurde der Spionage für Deutschland, der Sabotage, der antisowjetischen Agitation und eines geplanten Attentats auf das Politbüromitglied Lazar' Kaganovič beschuldigt. Anfang Juli 1938 kam er vor ein Militärgericht, wo zwei ehemalige Arbeitskollegen gegen ihn aussagten. Das Urteil lautete auf fünfzehn Jahre "Politisolation" auf den Soloveckij-Inseln. Kandler legte Berufung ein. Er kam in eine andere Zelle, wo er mit den Schutzbündlern Erwin Turra und Josef Kormout zusammenkam. Er wurde wieder mit dem Vorwurf der Spionage für Deutschland konfrontiert und im März 1939 neunmal verhört, weigerte sich jedoch, ein Geständnis zu unterzeichnen. Im März 1940 konnte er seine Frau 20 Minuten lang sprechen, er riet ihr, in die Heimat zurückzufahren. Am 19. Oktober 1940 wurden die 15 Jahre Lagerstrafe auf fünf Jahre reduziert.

 

Auf dem Transport ins Lager Kansk (bei Krasnojarsk) traf Kandler den Schutzbündler Gustav Döberl. Am 18. Dezember 1940 kam Kandler im Lager an. Er musste anfangs in einer Holzfällerbrigade arbeiten, dann in einer Schlosserwerkstatt. Bis zur Aufhebung des Urteils am 12. Februar 1941 und der überraschenden Entlassung und Ausweisung am 17. Februar 1941 hatte er nur einen einzigen arbeitsfreien Tag, den 1. Jänner 1941.

 

Am 16. März 1941 wurde er bei Brest-Litovsk den deutschen Behörden übergeben. Nach seiner Rückkehr nach Österreich schrieb Kandler einen ausführlichen, allerdings mit antisemitischen Ausfällen gespickten Propaganda-Artikel für Das kleine Blatt (28.-31.08.1941) über seine Zeit in der Sowjetunion. Er wurde zur Deutschen Wehrmacht eingezogen und ist 1942 an der Ostfront gefallen.

 

 

Quelle: Parteiarchiv der KPÖ, RGASPI, GARF, lists.memo.ru

 

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