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Alfred Kostelecky: Marsch auf den Heldenplatz

Alfred Kostelecky, geb. 1920 in Wien, Mitglied der Marianischen Studentenkongregation und der Katholischen Jugend, Kontakte zur Widerstandsgruppe "Eisen", 31. 7. 1938 Gestapoverhör, 7. 10. 1938 Beteiligung an der Jugendfeierstunde am Stephansplatz, Studium der Katholischen Theologie, Oktober 1940 Einrücken zur Deutschen Wehrmacht, mehrere schwere Verwundungen, amerikanische Kriegsgefangenschaft.

November 1945 Rückkehr nach Wien, 1948 Priesterweihe, 1986 Ernennung zum Militärordinarius und Weihe zum Bischof, 1990 Titularbischof von Wiener Neustadt. Mitglied des DÖW-Kuratoriums.

Verstorben 1994.

 

 

Für mich ist damals [im März 1938] eine Welt zusammengebrochen, als es über Österreich Nacht wurde. Österreich war aus der Landkarte ausradiert, und die Schule war zunächst besetzt von deutschen Truppen, Polizeieinheiten. Das haben wir nicht gewusst, wir konnten dann erst ab April wieder in die Schule gehen. Da begann für mich die große Enttäuschung. Ich war auch Schulführer, nicht nur Klassenführer, und habe geglaubt, dass das lauter verlässliche, patriotische junge Männer sind, und das Bittere war für mich, zu erkennen, dass fast ein Drittel illegale Nationalsozialisten, also HJ-Angehörige, waren. Aber ich wurde von den anderen immer respektiert; ich habe mich auch geweigert, ein Hakenkreuz zu tragen, und wurde sogar von Professoren sanft aufmerksam gemacht, ich soll nicht provozieren.

 

Wir wurden dann auch oft gezwungen, zu Veranstaltungen zu gehen, die in den Apriltagen stattgefunden haben. Da hieß es z. B. durch Erlass, durch das Buch, das da von Klasse zu Klasse getragen wurde: "Morgen um 8 Uhr haben alle mit weißem Hemd in der Schule zu erscheinen." An sich waren wir das ja gewohnt, dass wir angetreten sind, es hat ja auch in den dreißiger Jahren in den Schulen eine vormilitärische Erziehung gegeben. Wir sind gar nicht mehr in die Klassenzimmer gekommen. Antreten im Hof, ein großer Hof dort beim Bundesgymnasium in Wien VIII., in der Piaristengasse, und Marsch auf den Heldenplatz. Am Heldenplatz sind wir dann so als Einzäunung, Umfriedung der dort vollen Massen von SA gestanden, und es sprach dann der Stabschef der SA [Viktor] Lutze. Das haben wir uns anhören können, und nachher durften wir nach Hause gehen. Am nächsten Tag stand im "Völkischen Beobachter": Stabschef Lutze sprach und war umrahmt von Elite-HJ.

 

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